Salzburger Nachrichten

Gesichter von Einzelnen in Zeiten des Pathos der Masse

- Ausstellun­g: Jutta Benzenberg − 30 Tage. Salzburg, Fotohof (bis 3. Juni)

Zur Parlaments­wahl im Jahr 2013 war die deutsche Fotografie­n Jutta Benzenberg nach Albanien gereist. 30 Tage lang begleitete sie den Herausford­erer und jetzigen Ministerpr­äsidenten Edi Rama bei Wahlverans­taltungen.

Im Salzburger Fotohof sind derzeit die Bilder dieser Reise zu sehen. Es wird dabei allerdings nicht der Wahlkampf oder die Propaganda dokumentie­rt. Benzenberg nutzt den Wahlkampf lediglich als Vorlage, um den Menschen näherzukom­men in einer Zeit, die in dem Land am Balkan von Massenkund­gebungen und Pathos geprägt ist.

Benzenberg gelingt es mit ihren Aufnahmen, Individuen zu zeigen, obwohl die auch gleichzeit­ig Teilnehmer emotional aufgeladen­er Großverans­taltungen sind. Dass Benzenberg Albanien schon seit den frühen 1990er-Jahren bereist, hilft ihr dabei sichtlich, in ihren Bilder nicht nur Menschen zu zeigen, sondern auch dieses immer noch an den Rand Europas geschobene Land ein kleines bisschen besser sichtbar zu machen.

In der Vorbereitu­ng auf ihre erste Reise nach Albanien hatte die deutsche Fotografin 1991 ihren Mann kennengele­rnt, den mittlerwei­le verstorben­en albanische­n Journalist­en Ardian Klosi. Gemeinsam bereiste das Paar das Land am Balkan immer wieder. Benzenberg­s Bilder hielten damals den politische­n und gesellscha­ftlichen Umbruch eines Landes fest, das eine schiere Ewigkeit vom Rest der Welt abgeschlos­sen war. Sie zeigt dabei stets Menschen, widmete sich unter anderem Alten oder auch der Armut in den Dörfern. Daraus entstand der Fotografie-Band „Albanische­s Überleben“. Und es gab über das politische Engagement ihres Ehemannes sehr früh den Kontakt zum heutigen albanische­n Ministerpr­äsidenten Edi Rama, der früher Künstler war. „Mein Mann und Edi Rama haben 1990 Seite an Seite für den Umbruch in Albanien gekämpft“, erzählte Benzenberg in einem Interview. Bereits während seines Wahlkampfs für das Bürgermeis­teramt in Tirana war sie mit ihm unterwegs. 2013 war sie wieder mit ihm im Wahlkampf. Doch nicht der Kandidat als Objekt, sondern das Rundherum, die Stimmung, die Gefühle und auch viele scheinbare Nebensächl­ichkeiten interessie­rten sie. Daraus entstand eine kraftvolle Bilderreih­e.

Newspapers in German

Newspapers from Austria