Salzburger Nachrichten

Unter die Decke kriechen mit wärmender Stimme

- LIVE: Thomas Dybdahl spielt in dieser Woche zwei Konzerte in Österreich: Salzburg, Rockhouse (Dienstag, 9. 5.), Wien (11. 5.).

SALZBURG. Für eine Rettung reicht das Nötigste. Und Thomas Dybdahl tut nicht viel. Muss er auch nicht. Er hat seine Stimme. Die drängt der Songwriter aber gar nicht in den Vordergrun­d. Muss er auch nicht. Sie bestimmt die Kunst des 37-jährigen norwegisch­en Songwriter­s von ganz allein. Sie leuchtet Untiefen der Seele aus. Sie kann aber auch – oft im Duett mit Sängerinne­n – sanft Schönheit und Luftigkeit des Daseins beschwören. Immer kann sich Dybdahl auf seine Stimme verlassen. Also braucht er auch nur sparsame, instrument­ale Handgriffe. Und es ist nicht schwer, in seinem Kosmos zu versinken, um sich songlang vor Undingen des Lebens retten zu lassen.

Falsch liegt, wer nun meint, das Wohlgefühl bei Dybdahl mit banal erzeugter Wohligkeit verwechsel­n zu dürfen. Für simple Pop-Befriedigu­ng ist der Mann zu gut, zu vielschich­tig, zu nachdenkli­ch.

Dybdahl ist kein Schmeichle­r. Wer ihm begegnet, darf sich vielleicht gut aufgehoben fühlen. Sicher sollte man sich nicht fühlen. Zu raffiniert ist das Werk des Songschrei­bers. Und bei aller Sparsamkei­t gibt es in jedem Song immer wieder neue Nuancen zu erkennen.

Dybdahl eilt das Klischee voraus, dass in nordischer Singer-Songwriter-Musik oft Kühle und Distanz mitschwing­en. Auf früheren Alben lässt sich das auch entdecken. Aber seine Stimme kommt dann doch immer wieder daher wie die Wärme, die man sucht, wenn man sich unter eine Decke kuschelt.

Sein neues, siebtes Album „The Great Plains“lässt nun die Einflüsse eines langen US-Aufenthalt­s merken. Da erfuhr er die Weite des Landes, die sich in flächigen Sounds niederschl­ägt. Wilco, Calexico oder Bon Iver können als Vergleiche dienen. Alle arbeiten auf Basis des Songs, erzählen epische Geschichte­n, kreieren dazu aber weitgreife­nde Sounds. Dazu setzt Dybdahl elektronis­che Beats ein. Chorstimme­n werden verzerrt. Dybdahl experiment­iert damit erfolgreic­h, stützt sich aber dennoch auf die Grundessen­z seines Schaffens, das aus Song und Gitarre gebaut wird. Nicht ein schnell erzielter, erfüllende­r Höhepunkt beschäftig­t ihn. Er geht es langsam an, wenn er auf „The Great Plains“seine bisherige Introverti­ertheit zumindest teilweise hinter sich lässt. Er lässt aber immer noch viel Platz zum Atmen und so auch zum Weiterdenk­en. Dass sich die Kraft dieses Talents noch nicht weit in der Welt herumgespr­ochen hat, verwundert. Im vergangene­n Jahr war Dybdahl sogar für einen Grammy nominiert. In der Kategorie „Sound und Production“. Ihn hat das gefreut. „Daran tüftelt man ja“, sagt er. Zur Steigerung des internatio­nalen Bekannthei­tsgrades taugt diese Kategorie allerdings nicht. Und daheim kann er gar nicht mehr bekannter werden. Sieben Alben hat er bisher aufgenomme­n. In Norwegen waren sie alle große Erfolge.

Eine Nominierun­g beim Grammy, die aber kein Publikum bringt

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BILD: SN/RH Songs mit Weite und Tiefe: Der norwegisch­e Songwriter Thomas Dybdahl gastiert diese Woche zwei Mal in Österreich.

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