Unter die Decke kriechen mit wärmender Stimme
SALZBURG. Für eine Rettung reicht das Nötigste. Und Thomas Dybdahl tut nicht viel. Muss er auch nicht. Er hat seine Stimme. Die drängt der Songwriter aber gar nicht in den Vordergrund. Muss er auch nicht. Sie bestimmt die Kunst des 37-jährigen norwegischen Songwriters von ganz allein. Sie leuchtet Untiefen der Seele aus. Sie kann aber auch – oft im Duett mit Sängerinnen – sanft Schönheit und Luftigkeit des Daseins beschwören. Immer kann sich Dybdahl auf seine Stimme verlassen. Also braucht er auch nur sparsame, instrumentale Handgriffe. Und es ist nicht schwer, in seinem Kosmos zu versinken, um sich songlang vor Undingen des Lebens retten zu lassen.
Falsch liegt, wer nun meint, das Wohlgefühl bei Dybdahl mit banal erzeugter Wohligkeit verwechseln zu dürfen. Für simple Pop-Befriedigung ist der Mann zu gut, zu vielschichtig, zu nachdenklich.
Dybdahl ist kein Schmeichler. Wer ihm begegnet, darf sich vielleicht gut aufgehoben fühlen. Sicher sollte man sich nicht fühlen. Zu raffiniert ist das Werk des Songschreibers. Und bei aller Sparsamkeit gibt es in jedem Song immer wieder neue Nuancen zu erkennen.
Dybdahl eilt das Klischee voraus, dass in nordischer Singer-Songwriter-Musik oft Kühle und Distanz mitschwingen. Auf früheren Alben lässt sich das auch entdecken. Aber seine Stimme kommt dann doch immer wieder daher wie die Wärme, die man sucht, wenn man sich unter eine Decke kuschelt.
Sein neues, siebtes Album „The Great Plains“lässt nun die Einflüsse eines langen US-Aufenthalts merken. Da erfuhr er die Weite des Landes, die sich in flächigen Sounds niederschlägt. Wilco, Calexico oder Bon Iver können als Vergleiche dienen. Alle arbeiten auf Basis des Songs, erzählen epische Geschichten, kreieren dazu aber weitgreifende Sounds. Dazu setzt Dybdahl elektronische Beats ein. Chorstimmen werden verzerrt. Dybdahl experimentiert damit erfolgreich, stützt sich aber dennoch auf die Grundessenz seines Schaffens, das aus Song und Gitarre gebaut wird. Nicht ein schnell erzielter, erfüllender Höhepunkt beschäftigt ihn. Er geht es langsam an, wenn er auf „The Great Plains“seine bisherige Introvertiertheit zumindest teilweise hinter sich lässt. Er lässt aber immer noch viel Platz zum Atmen und so auch zum Weiterdenken. Dass sich die Kraft dieses Talents noch nicht weit in der Welt herumgesprochen hat, verwundert. Im vergangenen Jahr war Dybdahl sogar für einen Grammy nominiert. In der Kategorie „Sound und Production“. Ihn hat das gefreut. „Daran tüftelt man ja“, sagt er. Zur Steigerung des internationalen Bekanntheitsgrades taugt diese Kategorie allerdings nicht. Und daheim kann er gar nicht mehr bekannter werden. Sieben Alben hat er bisher aufgenommen. In Norwegen waren sie alle große Erfolge.
Eine Nominierung beim Grammy, die aber kein Publikum bringt