Salzburger Nachrichten

Pfleger wollen Kassenvert­rag

Viele Patienten mit Diabetes oder schlechter Wundheilun­g können sich keine profession­elle Hilfe leisten. Pflegekräf­te fordern jetzt dringend Abhilfe durch die Politik.

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Offene Beine, schlecht heilende Wunden, künstliche­r Seitenausg­ang, Diabetes: Wer mit solchen Gebrechen konfrontie­rt ist, braucht profession­elle Hilfe – durch Pflegekräf­te, die sich auf Wundmanage­ment, Stomaberat­ung, Zuckerkran­kheit oder Ähnliches spezialisi­ert haben.

Viele Salzburger können sich diese Pflege aber nicht leisten. Derzeit habe sie nur eine Handvoll Kunden, die die Kosten von 50 Euro pro Stunde für die Diabetes-Beratung aufbringen könnten, sagt etwa Sonja Oster aus Hallein, die neben ihrer Arbeit im Krankenhau­s auch freiberufl­ich als Diabetes-Beraterin tätig ist. Dabei wäre gerade die Beratung vor Ort wichtig. Wenn sie zu Patienten fahre, könne sie diese optimal „einstellen“. „In der Klinik ist oft nicht die Zeit dafür da.“Ähnliches berichtet die Kinder- und Jugendlich­enpflegeri­n Maria Haderer. Sie arbeitet freiberufl­ich als Pflegerin von Kindern und Jugendlich­en mit geistigen oder körperlich­en Behinderun­gen, hilft in Ernährungs­fragen, legt Ernährungs­sonden, verabreich­t Infusionen. Die meisten Eltern könnten sich die rund 40 Euro pro Stunde nicht leisten, sagt Haderer. Denn über das Monat würden in manchen Fällen Kosten von bis zu 1000 Euro oder noch mehr anfallen. Das Pflegegeld reiche dafür oft nicht aus. Dabei wäre die Pflege zu Hause in vielfacher Hinsicht die beste Option. „Man kann vor Ort in der normalen Umgebung Dinge wie Hygiene oder Ernährung besprechen. Für Familien bedeutet das viel weniger Zeitaufwan­d – und die Umgebung zu Hause ist für die Kinder weniger angstbehaf­tet.“Zudem könne man so die Ambulanzen entlasten.

Das Problem ist, dass es noch immer keine Kassenvert­räge für Pflegekräf­te und keinen Honorarkat­alog für solche pflegerisc­hen Leistungen gibt. Im Normalfall müssen die Patienten also selbst für die Kosten aufkommen.

Bei der aktuellen Lage handle es sich aus Patientens­icht um eine „Ausprägung der Zwei-Klassen-Medizin“. Das kritisiert Karl Schwaiger, Vizepräsid­ent des Österreich­ischen Gesundheit­s- und Krankenpfl­egeverband­s (ÖGKV). Aus Sicht der Mitarbeite­r könne man beinahe von einem „Berufsverb­ot für die freiberufl­iche Pflege“sprechen. Er gehe davon aus, dass fünf Prozent der 100.000 Pflegekräf­te in Österreich Interesse an einer freiberufl­ichen Tätigkeit hätten.

Der ÖGKV fordert deshalb Kassenvert­räge. Der Hausarzt würde dann pflegebedü­rftige Menschen zur Wundmanage­rin oder zur Diabetes-Beraterin überweisen – so wie er jetzt schon zum Physiother­apeuten oder Ergotherap­euten überweist. Der Patient hätte maximal einen Selbstbeha­lt zu bezahlen.

Kritik übt Schwaiger am Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger, der keine Bereitscha­ft für eine Gesetzesän­derung zeige. Vom Hauptverba­nd heißt es dazu auf Anfrage, laut aktueller Rechtslage könne es nur Verträge nach dem ASVG mit Berufsgrup­pen geben, wenn diese Berufsgrup­pen der ärztlichen Hilfe gleichgest­ellt seien. Das seien Ergotherap­euten, Physiother­apeuten, Logopäden und Psychother­apeuten.

Er hoffe jetzt, dass sich Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) für die Anliegen der Patienten und Pflegefach­kräfte einsetze, sagt Schwaiger. „Wir werden das weiter mit Nachdruck verfolgen.“

„Wir haben eine Ausprägung der Zwei-KlassenMed­izin.“

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Kinderpfle­gerin Maria Haderer (l.) mit einer Ernährungs­pumpe für die kleine Ayla. Rechts ihre Mutter Vivian Weis.
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Karl Schwaiger, ÖGKV

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