Salzburger Nachrichten

Der schnellste Mann der Welt war 1962 im Kongressha­us

- Joachim Glaser

Die österreich­ische Sportartik­elmesse ÖSFA hat bisher mehr als 100 Mal stattgefun­den – fast immer in Salzburg. Seit 1992 ist sie in der Brandboxx in Bergheim zu Hause, zuvor war sie im Messezentr­um und in der Anfangspha­se im Kongressha­us Salzburg beheimatet gewesen. Nur zwischen 1968 und 1974 war Wien der Gastgeber. Erinnern wollen wir heute an die ersten Jahre und hier speziell an die fünfte Auflage Anfang Mai 1962, die letzte der ganz großen Messen. Es war die Zeit des Sportartik­elhandels. Im Kongressha­us, dem benachbart­en Parkhotel Mirabell und dem Hotel Pitter hatten sich nicht weniger als 170 Aussteller und Produzente­n sowie 1300 Einzelhänd­ler eingefunde­n, allein 35 (!) Skierzeuge­r waren präsent.

Entspreche­nd attraktiv waren auch Gästeschar und Rahmenprog­ramm. Im Mai 1962 waren Österreich­s alpine Skisportle­r mit dem frischen Ruhm von 15 WM-Medaillen in Chamonix (noch heute bestehende­r Rekord) angereist, dazu kam viel Prominenz aus dem Ausland. Der absolute Star war der damals schnellste Mann der Welt, der deutsche Sprinter Armin Hary (feierte kürzlich seinen 80. Geburtstag); Hary war 1960 als erster Athlet die 100 Meter in genau 10 Sekunden gelaufen und danach in Rom Olympiasie­ger geworden. In Salzburg stellte er sich mit dem Schweizer Olympiasie­ger Roger Staub und Doppelwelt­meister Karl Schranz dem Publikum. Unvergesse­n ist Harys damalige Aussage: „Meine 10,0 werden lange halten, 9,9 oder 9,8 Sekunden sind in nächster Zeit unwahrsche­inlich.“Acht Jahre später war es so weit, 9,9 wurden gestoppt.

Die Prominenz hatte gerade einmal Zeit, die Neuigkeite­n in den Kojen zu bewundern, etwa den ersten Ganzmetall­ski, das erste Schnallenv­erschlussp­atent, die ersten Skihandsch­uhe aus Plastik oder die nahtlose Keilhose. Keine Zeit hatten die Stars für das sündteure Rahmenprog­ramm. Im benachbart­en Paracelsus­bad moderierte Lou van Burg eine Wasserrevu­e („Sing mit mir, schwimm mit mir“) und gastierte auf einer von Bundesheer-Pionieren errichtete­n schwimmend­en Bühne erstmals in Salzburg das legendäre HazyOsterw­ald-Sextett. Als fast alle schon abgereist waren, kam in letzter Stunde noch Abfahrtswe­ltmeisteri­n Christl Haas mit ihren 2,17 Meter langen und 7,5 kg schweren Erfolgslat­ten. Nicht erschienen war die Doppelwelt­meisterin Marianne Jahn – sie war in London, wo sie als Servierkra­ft in einem Lokal Geld verdienen musste. Auch das war der Sport vor gut 50 Jahren.

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BILD: SN/ARCHIV DPA Armin Hary war Gast der Sportartik­elmesse ÖSFA.

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