Der Koalitionskrach eskaliert
Was mit eher persönlichen Animositäten begann, hat unterdessen heftige Ausmaße erreicht: Wolfgang Sobotka gegen Christian Kern und umgekehrt.
WIEN. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ): Die zwei hatten von Anfang an ein Problem miteinander. Was vor bald einem Jahr mit Sticheleien begonnen hatte, hat heftige Ausmaße angenommen und gipfelte nun darin, dass Sobotka Kern „Versagen als Kanzler“vorwarf. Kerns Konter fiel ähnlich deutlich aus: Er warf „Einzelnen“vor, es „aufgrund persönlicher, egoistischer Eigeninteressen“darauf anzulegen, die Regierungszusammenarbeit „mutwillig“zu zerstören. Dass der Kanzler mit „Einzelnen“Sobotka, Außenminister Sebastian Kurz und ÖVP-Klubchef Reinhard Lopatka gemeint hat, darf als gewiss angenommen werden.
Anfangs war Kern Lieblingsreibebaum Lopatkas, bald rückte Sobotka an seine Stelle. Den ersten öffentlich ausgetragenen Clinch gab es bereits Anfang Juni vergangenen Jahres, als Kern Asylbewerber und Asylberechtigte durcheinanderbrachte – und Sobotka, da Kern seinen Versprecher nicht korrigierte, Mutmaßungen über einen „Linksruck“in der SPÖ anstellte. Wenig später kam die Retourkutsche des Kanzlers: Er spottete bei einer Veranstaltung darüber, dass „der eine oder andere Minister“während der Regierungssitzungen „seinen Paten“via SMS fragen müsse, ob er bei Beschlüssen mitmachen dürfe oder nicht. Mit dem „Paten“war Landeshauptmann Erwin Pröll gemeint, der Sobotka im Tausch gegen die Heimholung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in die Bundesregierung befördert hatte.
Rund ging es auch, als diesen Jänner das überarbeitete Regierungsprogramm zur Unterschrift anstand: Kern verlangte damals, dass alle Minister den neuen Pakt unterschreiben sollten, Sobotka weigerte sich – unterschrieb dann auf Druck der ÖVP aber doch. Auch davor und danach flogen laufend die Hackeln.
Aus Niederösterreich kommend, wo die ÖVP mit absoluter Mehrheit regiert, dauert Sobotka die Kompromisssuche in der Bundesregierung zu lang. Immer wieder weist er darauf hin, dass alle seine Vorschläge erst einmal von der SPÖ rundweg abgelehnt würden, nach Monaten stimme die SPÖ dann aber doch zu. Außerordentlich verärgert hat Sobotka das als Wahlkampfaktion empfundene Nein Kerns, im Zuge des EU-Flüchtlingsumverteilungsprogramms 50 unbegleitete Minderjährige aus Italien zu übernehmen. Erst nach einer Abfuhr aus Brüssel erklärte sich Kern einverstanden mit Sobotkas Vorgangsweise.
Es ist auch nicht mehr So botkasSache,e in Auge zuzudrücken: Vergangene Woche schickte G es und heits min ist er inPamelaRendi- Wagner( SPÖ) ein Ge set zunakkordiert in Beg uta chtung–alsRe tour kutsche schickte am Montag Sobotka seinen Entwurf zur Reform des Sicherheitspolizeigesetzes unakkordiert in Begutachtung. Und er spricht unterdessen zu vielen Themen: Jüngst verlangte er einen Totalumbau des Sozialwesens, jetzt droht er mit seinem Veto gegen die Schulreform.
Schwierig ist der Dauerclinch für Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der wohl sowohl mit den Wahlkampf aktionen Kerns als auch mit Sobotkas Art Probleme hat. Einen Ordnungsruf für den Innenminister gab es bisher nicht.