Le Pen war Trumps Favoritin
Der amerikanische Präsident und die französische Rechtsnationalistin gelten als Teil einer „transatlantischen Bewunderungsgesellschaft“.
WASHINGTON. Normalerweise geizen die Öffentlichkeitsarbeiter des Weißen Hauses weder mit Worten noch mit Papier. So kann ein positiver Zeitungskommentar zur Politik von Donald Trump schon einmal zur offiziellen Pressemitteilung verbreitet werden. Auch die angeblichen Erfolge des US-Präsidenten werden mehrseitig vermeldet. Doch die Erklärung, die Trumps Sprecher Sean Spicer zur Präsidentenwahl in Frankreich abgab, hatte nur zwei Sätze:
Er gratulierte Emmanuel Macron und dem französischen Volk „zur erfolgreichen Wahl“und äußerte die Hoffnung auf eine Fortsetzung der „engen Zusammenarbeit“mit der Regierung in Paris.
Diese bemerkenswerte Kühle kommt nicht von ungefähr. Trump hatte seine Sympathien für Macrons Rivalin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, im Wahlkampf nur notdürftig kaschiert. Zwar empfing er die Vorsitzende der rechtsextremen Front National – anders als den Brexit-Ideologen Nigel Farage – bei ihrem Besuch in New York im Jänner nicht zum Gespräch. Doch Le Pens Kampf gegen das politische Establishment und ihrer islamfeindlichen Anti-EinwanderungsPolitik fühlt sich der US-Präsident doch eng verbunden.
„Wäre ich Amerikanerin, würde ich Trump wählen“, hatte Le Pen im Herbst gesagt. Umgekehrt bediente sich Trumps Chefstratege Stephen Bannon für seine „America First“Ideologie ausgiebig bei erzreaktionären französischen Denkern. Trump selbst hat immer wieder betont, dass er sich als prominentesten Vertreter weltweiter nationalistischer Bewegungen sieht. Sein Sohn Donald Trump jr. verbreitete vor zwei Wochen einen Tweet von Farage. Darin hatte der britische Rechtsextremist behauptet: „Macron will Frankreich seines Einflusses berauben. Le Pen will ihn verteidigen. Das ist die Alternative für französische Wähler.“
So eindeutig äußerte sich der USPräsident persönlich nicht. Doch kurz nach dem Pariser Terroranschlag, bei dem nur wenige Tage vor dem ersten Durchgang der Präsidentenwahl ein Polizist ums Leben gekommen war, twitterte er: „Das französische Volk wird sich das nicht mehr gefallen lassen. Das wird einen großen Einfluss auf die Präsidentschaftswahl haben“– womit er sich wieder einmal getäuscht hat.
In einem Interview erklärte Trump, Le Pen habe „die entschiedenste Position“bei der Grenzsicherung und bei der Terrorbekämpfung. Wer in diesen Fragen am härtesten sei, „wird bei der Wahl gut abschneiden“. Der Präsident und die Französin, schrieb die „Washington Post“, seien „Teil einer wechselseitigen transatlantischen Bewunderungsgesellschaft“.
Kein Wunder also, dass es Trump nach dem Wahlsieg Macrons ganz gegen seine Gewohnheit bei einer knappen Gratulation über Twitter beließ. „Glückwunsch an Emmanuel Macron zu seinem großen Sieg heute als nächster Präsident Frankreichs. Ich freue mich sehr darauf, mit ihm zusammenzuarbeiten!“
Deutlich euphorischer meldete sich Trumps einstige Gegenkandidatin Hillary Clinton zu Wort. „Ein Sieg für Macron, für Frankreich, die EU und die ganze Welt“, jubelte die Demokratin. „Und eine Niederlage für diejenigen, die die Demokratie stören.“
Mehr dürfe sie dazu nicht sagen, setzte Clinton in Anspielung auf den Hackerangriff gegen Macrons Wahlkampfteam hinzu – auch dies eine Parallele zum US-Wahlkampf, bei dem Clintons E-Mail-Konten mutmaßlich von russischen Hackern ausspioniert wurden.
„Wäre ich Amerikanerin, würde ich Donald Trump wählen.“