Die erste Euphorie um Martin Schulz ist verflogen
Nach dem Saarland setzte auch in Schleswig-Holstein kein Schulz-Effekt für die SPD ein. In Umfragen geht es bergab.
BERLIN. Nach der Schlappe bei der Landtagswahl im Saarland hat die Niederlage in Schleswig-Holstein am Sonntag der SPD den nächsten Dämpfer verpasst. „Wir sind auch heute Morgen nicht fröhlich“, kommentierte Parteichef Martin Schulz am Montag das Ergebnis der jüngsten Landtagswahl. Die SPD sei in einer „schwierigen Lage“, werde aber weiter kämpfen, kündigte der Kanzlerkandidat in Berlin an.
Bis vor Kurzem sah die Lage rosiger aus. Erst in den vergangenen Wochen sackte die SPD in bundesweiten Umfragen nach Monaten wieder unter die 30-Prozent-Marke. CDU und CSU konnten aber auf 37 Prozent zulegen. Von einem Kopfan-Kopf-Rennen wie vor der Wahl im Saarland ist nichts mehr zu sehen. Auch die persönlichen Werte der beiden Spitzenkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz gehen wieder weiter auseinander. Während der SPD-Chef verliert, legt die Bundeskanzlerin zu. Merkel liegt wieder bei rund 50 Prozent, während Schulz sich mit 37 Prozent begnügen muss.
Der Schulz-Hype ist mit dem schwachen Abschneiden der SPD im Saarland schlagartig verflogen. In den großen Medien kommt der SPD-Chef kaum vor, seine Auftritte finden nur regional Beachtung. Die Kanzlerin dagegen kann über mangelnde mediale Aufmerksamkeit nicht klagen. Eine Regierungserklärung im Parlament sichert ebenso eine Nachricht im Fernsehen wie ein Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin. Selbst der Schulz-Vorgänger an der Parteispitze, Außenminister Sigmar Gabriel, genießt derzeit mehr Beachtung als der SPD-Kanzlerkandidat. Und er erfreut sich einer Beliebtheit, von der er als Parteichef nur träumen konnte. Dabei hat er Schulz sogar schon überholt. In der Gesamtwertung liegt Gabriel hinter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Merkel auf dem dritten Platz. Schulz erreicht nur Platz sechs.
Obwohl er zuvor Präsident des EU-Parlaments war, konnte Schulz bei den Deutschen zunächst als der Neue punkten. Nun aber fehlt ihm ein Amt – und damit auch die politische Bühne in Berlin. Der 61-Jährige ist noch nicht Abgeordneter des Bundestags. Auf die Übernahme eines Ministeramts hat er bewusst verzichtet. Als Nichtmitglied im Kabinett Merkel glaubt er die Kanzlerin im Wahlkampf besser attackieren zu können. Schulz sollte mit der in der SPD so ungeliebten Großen Koalition so wenig wie möglich zu tun haben.
Diese Rechnung ist bisher nur zum Teil aufgegangen. Schulz wollte sich letzten Monat elegant um die Teilnahme am Koalitionsausschuss drücken. CDU und CSU machten ihm aber schnell deutlich, dass der Platz des SPD-Chefs im Koalitionsausschuss sei. Schulz beugte sich.
Der SPD-Kanzlerkandidat hat die Mühen der Ebene erreicht. Nun geht es ums Durchhalten, wie SPDGeneralsekretärin Katarina Barley erkannt hat. „Kein Zug fährt von allein. Es müssen immer wieder Kohlen nachgeschippt werden.“