Unfall mit sieben Verletzten Retter kamen fast nicht durch
Keine Rettungsgasse und Schaulustige, die ihre Autos verlassen: Damit hatten Einsatzkräfte in Deutschland zu kämpfen. In Österreich ergibt sich ein durchwachsenes Bild.
Polizei setzte Absperrungen ein
Nach mehreren Lkw-Auffahrunfällen mit einem Schwerverletzten auf der Autobahn A6 nahe Nürnberg haben rund 80 Schaulustige am Montag früh die Arbeit der Retter behindert. Sie hatten laut Polizei versucht, Foto- und Filmaufnahmen von einem Getränkelaster zu machen, dessen Ladung sich über die gesamte Fahrbahn verteilt hatte. Ein Polizeisprecher sprach von „katastrophalen Zuständen“. Die Polizei musste die Schaulustigen mithilfe von Absperrungen zurückdrängen. „Das hat eine große Zahl Einsatzkräfte gebunden, die eigentlich dazu da sind, Leben zu retten“, sagte der Sprecher. Einige hatten ihre Autos verlassen, um Fotos zu machen. „Die Rettungsfahrzeuge sind zunächst nicht zum Unfallort durchgekommen“, hieß es. Bereits am Sonntagabend hatte es auf der Autobahn 7 in Hessen Probleme gegeben. Bei einem Unfall waren sieben Menschen verletzt worden – unter ihnen drei Kinder im Alter von vier Monaten, einem Jahr und sechs Jahren. Die Einsatzkräfte erreichten anfangs die Unfallstelle nicht, weil keine Rettungsgasse gebildet worden war. „Wieder einmal musste die Autobahnpolizei den Autofahrern schlechtes Stauverhalten attestieren“, hieß es in einer Aussendung am Montag.
In Österreich ist die Rettungsgasse seit 2012 auf Autobahnen und Schnellstraßen Pflicht. Die Maßnahme soll Rettungskräften die schnelle und sichere Zufahrt zum Unfallort ermöglichen. Laut Straßenerhalter Asfinag funktioniert die Einhaltung der Rettungsgasse im Großen und Ganzen gut. Sprecher Alexander Pollinger bezog sich gegenüber den SN auf eine marketStudie vom April. Diese zeigt: Autofahrer, die die Rettungsgasse nicht einhalten oder zum Vordrängen benutzen, ärgern staugeplagten Verkehrsteilnehmer am meisten. Allerdings achten 90 Prozent darauf, die Notfallspur immer korrekt zu bilden, nur drei Prozent nutzen sie als Überholmöglichkeit. „Das zeigt, dass die Rettungsgasse für die meisten selbstverständlich ist.“
Auch das Rote Kreuz Salzburg sieht kaum Probleme. „Wir hatten in den vergangenen 1,5 Jahren keinen einzigen Fall, wo wir nicht zur Unfallstelle gekommen wären“, sagte ein Sprecher. „Natürlich dauert es ab und zu etwas, weil die Autos nicht immer perfekt stehen, aber wir kommen immer durch.“
Der Salzburger Landesfeuerwehrverband führte kürzlich eine Erhebung unter den Autobahnfeuerwehren zur Rettungsgasse durch. Wie Landesfeuerwehrkommandant Leo Winter sagt, bewerteten sechs von 18 das Funktionieren der Rettungsgasse als „gut“, zwölf als „mittel“– keine einzige als „schlecht“. Problematisch sei für die meisten Feuerwehren die Disziplinlosigkeit der Verkehrsteilnehmer, etwa wenn diese direkt hinter den Einsatzfahrzeugen herfahren. Oft fehle es den Autolenkern auch an Information, vor allem, wenn sie aus dem Ausland kommen.
Friedrich Schmidhuber, Leiter der Verkehrsabteilung der Salzburger Polizei, bewertet die Bildung von Rettungsgassen mit „so lala“. Keine Problem gebe es bei zweispurigen Autobahnen. „Aber sobald es mehrere Fahrspuren sind, ist die Verwirrung groß.“Er rät: „Wenn man sich die Strecke vorstellt wie die rechte Hand, dann ist der Daumen die linke Spur, alle anderen fahren rechts.“
Wer sich nicht daran hält, muss bis zu 726 Euro Strafe zahlen. Behinderung von Einsatzfahrzeugen oder das widerrechtliche Befahren der Rettungsgasse wird mit bis zu 2180 Euro geahndet.