Salzburger Nachrichten

Brummis im Lemming-Modus

Platooning – schon wieder so ein neumodisch­es Wort. Aber wir sollten uns diesen Begriff merken, denn dahinter verbirgt sich das Ziel, das autonome Fahren in der Kolonne voranzutre­iben.

- HERWIG STEINKELLN­ER

Stellen Sie sich vor, Sie haben vier Lkw mit gleicher Route auf der Straße – und nur einer hat einen Fahrer. Utopie? Ja, schon, aber es wird heftig daran gearbeitet, diese Zukunftsvi­sion ins Hier und Jetzt zu holen. Denn komplett autonom fahrende Platooning-Systeme sind schon fast marktreif, und es ist spannend, solche neuen Konzepte dabei zu begleiten, wie sie die Welt erobern.

Einer der Vorreiter dieser recht komplexen Technologi­e ist der skandinavi­sche Lkw-Hersteller Scania, der in diesem Bereich die Vorreiterr­olle für sich in Anspruch nimmt. Die Idee dahinter: Eine Lkw-Kolonne wird auf öffentlich­en Straßen fahren und Container von einem Terminal zum anderen im Hafen von Singapur transporti­eren. Vier Lkw sollen in einem geringen Abstand hintereina­nderfahren, das heißt, drei Brummis fahren mit Autopilote­n und unbemannt autonom hinter einem Führungs-Lkw. Darüber hinaus sollen die Vorgänge für präzises An- und Abdocken der Fracht komplett automatisi­ert werden. Kolonnenfa­hrten als nachhaltig­e Lösung? „Autonome Fahrzeuge und Platooning, also Kolonnenfa­hren, sind für künftige nachhaltig­e Transports­ysteme von zentraler Bedeutung“, so Claes Erixon, Head of Research and Developmen­t bei Scania. „Für uns bedeutet dies eine hervorrage­nde Gelegenhei­t, unsere führende Rolle und unsere Technologi­en in diesem neuen und spannenden Bereich unter Beweis zu stellen. Wir leisten Pionierarb­eit auf einem Gebiet, durch das nicht nur Menschenle­ben im Straßenver­kehr gerettet, sondern auch Umweltbela­stungen, die durch den Transport verursacht werden, erheblich reduziert werden können.“

Ministeriu­m und Toyota mit an Bord

Das mehrjährig­e Projekt wird von dem Verkehrsmi­nisterium und der Hafenbehör­de Singapurs (PSA) koordinier­t. Toyota ist ebenfalls daran beteiligt.

Die Regierung Singapurs engagiert sich sehr stark für die neue autonome Fahrzeugte­chnologie. Singapur erprobt autonom fahrende Pkw, Taxis, Nutzfahrze­uge sowie Busse bereits seit mehreren Jahren, sammelt dabei enormes Know-how und geht nun mit dem Test von Lkw-Platooning-Konzepten noch einen Schritt weiter. Erstes Zwischener­gebnis: Lkw-Platooning habe bereits gezeigt, dass das Kolonnenfa­hren ein großes Kraftstoff­einsparpot­enzial biete und einen Beitrag zu mehr Verkehrssi­cherheit leisten könne. „Lkw-Fahren, so wie wir es heute kennen, ist äußerst arbeitsint­ensiv. In vielen Ländern mangelt es an Lkw-Fahrern. Insofern stellt die Lkw-Platooning-Technologi­e für uns eine

Ziel: mehr Produktivi­tät in der Logistik

Möglichkei­t dar, die Produktivi­tät sowohl im Hafensekto­r als auch in der Lkw-Branche zu steigern. Sie eröffnet Lkw-Fahrern zudem die Chance, höher qualifizie­rte Positionen als Fuhrparkbe­treiber und -manager zu übernehmen“, erklärt Pang Kin Keong, Permanent Secretary for Transport und Chairman of the Committee on Autonomous Road Transport in Singapore (CARTS).

In Singapur ist eine Million Fahrzeuge unterwegs. Mit der Initiative wird – abgesehen von dem Fahrermang­el – versucht, dem steigenden Verkehrsbe­darf und der Landverkna­ppung Rechnung zu tragen. Singapur wird daher als „lebendes Labor“für neue Fahrzeugko­nzepte genutzt, die die Produktivi­tät und Verkehrssi­cherheit erhöhen, die Straßenkap­azität optimieren und neue Mobilitäts­konzepte ermögliche­n. Andere LkwHerstel­ler arbeiten an ähnlichen Konzepten.

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Ein – bemannter – Lkw fährt voraus, die anderen folgen sensorgest­euert und unbemannt. Platooning ist ein Teil von autonomen Fahrsystem­en.

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