Scheitert das Friedensprojekt?
Die EU verkommt immer mehr zur Marionette des türkischen Autokraten. Und trotzdem wird gebetsmühlenartig die Weiterführung der EU-Beitrittsverhandlungen beschworen. Da reichen nicht massiver Abbau demokratischer Grundrechte, die Inhaftierung von Politikern, Journalisten, Polizisten, die massenhaften Entlassungen von Lehrern, Richtern, Beamten, um von dieser Politik abzugehen.
Da nimmt man unglaubliche Beschimpfungen türkischer Politiker und haarsträubende Nazi-Vergleiche in Kauf, lässt ungestraft Grobheiten und Verbalinjurien aus Ankara zu. Warum wohl, das weiß allein die EU. Möglicherweise fürchtet man ein Platzen des fragwürdigen Flüchtlingsdeals, eine stärkere Hinwendung des NATO-Landes Richtung Russland, negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen.
Es wird weiterhin entgegen den Abstimmungen des EU-Parlaments am Weiterführen der Beitrittsverhandlungen festgehalten, da wird der türkische Außenminister, der monatelang durch grobe Verbalattacken Richtung Europa aufgefallen ist, in Malta pe- netrant hofiert und gebusselt. Da wird an der letzten roten Linie, der Einführung der Todesstrafe festgehalten, in der Hoffnung, dass der türkische Autokrat zumindest diese Schranke nicht übertritt. Dann müsste man sich ja neue Ausreden einfallen lassen. Das alles ist unerträglich, es zeigt eklatant auf, dass die europ. Werte von Demokratie, Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit zur hohlen Phrase verkommen, dass inzwischen Autokraten und Populisten das Sagen auf der Europa- und Weltbühne haben.
Die Gefahr, dass das europäische Friedensmodell an dieser Erosion der gemeinsamen humanen und demokratischen Werte mittel- oder langfristig scheitern wird, ist groß. Was dann kommt, malen wir lieber noch nicht an die Wand. Mag. Ferdinand Reindl