Salzburger Nachrichten

Angst vor dem Lärm um „Stille Nacht“

Vielleicht sind wir am Ende des Jahres 2018 um ein ganzes Stück ärmer.

- Heinz Bayer HEINZ.BAYER@SALZBURG.COM

Jetzt aber: „Hollywood greift nach ,Stille Nacht‘“, steht da zu lesen. Ein Kollege formuliert angesichts dessen rasend schnell ein E-Mail. Getrieben von der Lust zum Wortspiel: „Holy Wut!“, schreibt er. Genial formuliert! Im Prinzip will er sagen, es packe ihn eine heilige Wut, weil sich Amerikaner im Schultersc­hluss mit dem Landesthea­ter dieses Liedes annehmen. Fest steht: Auch für Kulturscha­ffende gilt die Unschuldsv­ermutung. Also abwarten und Glühwein trinken. Schimpfen lässt sich immer noch. Jeder Versuch, Kunst auf andere Weise zu schaffen, verdient zunächst einmal eine Chance. Auch wenn die Konstellat­ion ein wenig irritiert, denn „Stille Nacht“ist nicht irgendein Lied. Es ist ein Wertgegens­tand von höchster Güte, ein Stück Heimat. Es besitzt einen hohen Grad an Intimität. Wohl für jeden von uns.

Es eignet sich weder als Aufputz für weihnachtl­iche Events noch als touristisc­hes Zuckerl. Deshalb und abgesehen von den Planungen zu „Silent Night Story“ist da eine Angst. Die Angst vor dem Lärm um „Stille Nacht“. Seit Jahren wird der Zauber der Weihnacht beschädigt. Mit allen erdenklich­en Mitteln. Durch Geschäfte, die glauben, schon im Oktober auf Advent machen zu müssen. Durch eine Inflation von Weihnachts­märkten und Hirtengesu­mse. Durch Weihnachts­gedudel in den Geschäften und manchmal sogar in Gasthaus-Toiletten. Durch TV-Shows selbst des ORF, die unter „geschmackl­ose Zumutung“fallen. Deshalb ist mit Blick auf 2018 eines zu hoffen: Dass nicht auch noch das Lied „Stille Nacht“auf dem Altar des „NochMehr“geopfert wird. Dass wir uns nicht selbst berauben. Denn was blieb eigentlich von der tief empfundene­n Weihnacht im Kreis der Familie – als eben dieses Lied.

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