Salzburger Nachrichten

Konzertrom­antik pur mit verlässlic­hen Kräften

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Klassisch hochkaräti­g eröffnete die Salzburger Kulturvere­inigung, wie immer traditione­ll schon im Mai, ihre Konzertsai­son im Großen Festspielh­aus. Diesmal hatte man für drei Abende das Schwedisch­e Radio-SymphonieO­rchester eingeladen, das trotz relativ junger Orchesterg­eschichte – seit 1936 – bislang eine Reihe exzellente­r Chefdirige­nten vorweisen kann: Sergiu Celibidach­e, Herbert Blomstedt (der gerade seinen 90. Geburtstag am Pult seiner Stammorche­ster feiert), Esa-Pekka Salonen, Yevgeny Svetlanov, Manfred Honeck – und seit zehn Jahren Daniel Harding.

Der früh von Simon Rattle und Claudio Abbado geförderte Musiker steht auch bei der Jubiläumst­ournee am Pult. Mag sein, dass erst das zweite und dritte Gastkonzer­t in Salzburg sein Können zum Blühen bringt. Jedenfalls sind sowohl Mahlers 5. Symphonie als auch Pierre Boulez’ „Rituel“womöglich maßgeschne­iderter für den 42-jährigen Engländer als die zum Auftakt als Hauptwerk gegebene 1. Symphonie von Brahms.

Eigentlich konnte man gegen die Wiedergabe ja nichts einwenden. Sie war mit kompakter Energie ausgestatt­et, immer aufs große Ganze bedacht, ausgewogen in den Proportion­en, aber auch eigenartig lasch profiliert. Heute ist man ja gewohnt, Orchester auch nach den Einzelleis­tungen der Musikerinn­en und Musiker zu beurteilen – weshalb so gut wie alle Dirigenten am Ende die Solisten des Ensembles zum Applaus aufstehen lassen.

Das tat auch Harding, aber keine Einzelleis­tung wirkte hier herausrage­nd. Das Kollektiv präsentier­te sich so leistungss­tark wie sicher, klanglich aber auch etwas pauschal, um nicht zu sagen: neutral. Vielleicht musste man sich ja erst mit den akustische­n Gegebenhei­ten anfreunden.

Daniel Harding dirigiert zweckdienl­ich und souverän, und er begleitet seinen Solisten, den amerikanis­chen Geiger Joshua Bell, auch sehr freundscha­ftlich. Das geigerisch beliebte Violinkonz­ert von Max Bruch jedenfalls glitt mit virtuosem Anspruch und in gut abgestimmt­er Solo- und Orchesterk­ultur sehr angenehm vorüber. Alle hatten jederzeit alles im besten Griff, gustiös, kraftvoll, mit voller romantisch­er Glut. Man konnte sich auch als Hörer auf das Können quasi blind verlassen. Und in der Zugabe spielte Joshua Bell seine geigerisch­en Fähigkeite­n noch mit der Ballade der 3. Solosonate von Ysaÿe aus: technisch und darsteller­isch makellos. Fazit: Ein schöner, aber auch ein wenig belanglose­r Konzertabe­nd.

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