Kriegsverbrecher sind nur schwer zu fassen
Im Krieg passieren Verbrechen, die erst Jahre später und Tausende Kilometer entfernt aufgeklärt werden. Fälle aus Österreich zeigen, welche Herausforderungen auf die Ermittler warten.
INNSBRUCK. Das Geständnis war ungewöhnlich. Detailliert erklärte ein 27-jähriger Flüchtling der Innsbrucker Polizei, wie er 20 Soldaten des Assad-Regimes in Syrien erschossen habe. Am Mittwoch wurde er wegen Mordes nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt. Für die Ermittlungsbehörden sind Verbrechen, die Tausende Kilometer entfernt in Kriegswirren passieren, nur schwer aufzuklären.
„Meist fehlen wichtige Zeugen. Auch die Mordwaffe, die DNA und selbst die Leichen gibt es in solchen Fällen nicht“, erklärt Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Doch auch ohne eine Leiche ist ein Mordprozess möglich.
„In dem Fall hatten wir das Geständnis des Beschuldigten, das er zwar vor Gericht widerrufen hatte, aber zuvor gegenüber den Ermittlern mehrmals bestätigt hatte“, sagt Mayr. Die Geschworenen glaubten schließlich den Ermittlern.
„Wir kommen Tätern, die im Ausland Verbrechen begangen haben, oft durch ihre eigene Aussage, etwa in Asylverfahren, auf die Spur“, sagt Mayr. Manchen fehle das Unrechtsbewusstsein, schließlich seien die Opfer Kriegsgegner gewesen. Manche Verdächtige prahlen laut Ermittlern auch vor Bekannten mit ihren Taten. „Beschuldigte werden teilweise auch von Zeugen wiedererkannt“, sagt Mayr.
Doch die Ermittlungsbehörden müssen aufpassen. Auch falsche Anschuldigungen kommen vor: Im vergangenen Jahr nahm die Polizei in Innsbruck einen mutmaßlichen Terroristen fest. Der Syrer plane einen Anschlag auf ein Theater, stand in einem anonymen E-Mail. Doch das war von einem Österreicher verschickt worden, der verhindern wollte, dass der Syrer mit seiner Frau das Theater besucht. „Manchmal finden wir hingegen tatsächlich Beweise auf Handys oder im Internet. Ob der Verdächtige Mitglied einer Terrororganisation ist, wird ebenfalls überprüft“, sagt Mayr. Im Fall des 27-Jährigen war das nicht der Fall. Er wurde auch nicht wegen Kriegsverbrechen verurteilt. „Das Gesetz gibt es erst seit 1. 1. 2015, die Taten waren aber bereits vorher passiert.“Einen schwierigen Fall hatte auch die Staatsanwaltschaft Linz zu klären. Ein mittlerweile eingebürgerter Bosnier soll im JugoslawienKrieg 16 Menschen erschossen haben. „In dem Fall gab es ein Parallelverfahren in Bosnien. Also gab es Aufzeichnungen, Zeugenaussagen, Fotos und Videos“, heißt es aus der Staatsanwaltschaft Linz. Trotzdem zog sich das Verfahren in die Länge: Die Tat wurde 1992 in Bosnien begangen, 2011 landete der Fall bei der Staatsanwaltschaft Linz. 2014 wurde der mittlerweile 46jährige Österreicher angeklagt und im Vorjahr nicht rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt. Wegen 16-fachen Mordes, dreifachen Mordversuchs und Brandstiftung. Der Beschuldigte hat die Tat bis zuletzt bestritten.
Auch im Fall des Bosniers gab es den Tatbestand „Kriegsverbrechen“noch nicht. „Bei der Verurteilung muss außerdem die Rechtslage im Herkunftsland berücksichtigt werden, wenn dort die Tat passiert ist“, hört man von der Staatsanwaltschaft.
Langwierig könnten auch die Ermittlungen und das Verfahren im Falle eines 25-jährigen Österreichers sein, der vor wenigen Wochen in Polen festgenommen wurde. Er hat laut Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt als Söldner im Ukraine-Konflikt Soldaten getötet, die sich bereits ergeben hatten.