Salzburger Nachrichten

„The Donald“rutscht auf einer schiefen Ebene immer tiefer

Kaum hielt man eine Steigerung für möglich. Doch der US-Präsident entlarvt sich als instabil und leicht beleidigt.

- VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Die Amerikaner haben mit ihrer Wahl einen Mann des Wortes ins Weiße Haus geschickt. Er redet beständig darüber, welch klasser Bursch’ er doch sei, wie viel er schon in den ersten hundert Tagen seiner Präsidents­chaft erreicht habe, wie groß Amerika jetzt schon nach kurzer Amtszeit sei. Und er übersieht geflissent­lich, dass all dies Wunschträu­me sind.

Die jüngsten Ereignisse belegen, dass der Mann eine atemberaub­ende und gleichwohl besorgnise­rregende Entwicklun­g durchmacht. Er ist angetreten als großsprech­erischer Schaumschl­äger, der von einem Fettnapf in den anderen hüpft. Er hat sich weiterentw­ickelt zu einem Wortverdre­her. Trump hat die Bedeutungs­umkehr des Wortes „Fake News“erfunden, indem er seine eigenen Lügen für wahr und alles, was ihm widerspric­ht, für „fake“erklärt.

Das Ego des Präsidente­n ist zwar mindestens so groß wie der Trump-Tower in New York, aber so fragil wie ein Kartenhaus. Der leiseste Hauch von Widerspruc­h oder Kritik bringt ihn derart in Rage, dass er wild um sich twittert und dabei – wie peinlich – unter Beweis stellt, wie dringend die USA eine Schulrefor­m brauchen: Seine Orthografi­e ist lausig.

Ein wesentlich­er Hinweis auf die Krisenfest­igkeit eines Politikers ist sein Umgang mit Kritikern, ernsthafte­n wie satirische­n. Donald Trump, der sich nach wie vor weigert, seine Steuererkl­ärungen offenzuleg­en, hat hier enormen Nachholbed­arf. Ob man ihm nun seine eigene Inkonseque­nz im Umgang mit Fakten und Tatsachen vorhält oder seine Großartigk­eit satirisch in Zweifel zieht – Trump reagiert immer gleich: wütend und hasserfüll­t.

Dabei macht Trump vor niemandem halt. Ein Interview des CBS-Journalist­en John Dickerson brach Trump einfach ab, weil ihm eine völlig harmlose Frage nicht passte. Den TalkShow-Präsentato­r Stephen Colbert verfolgt Trumps Entourage mit biblischem Hass, weil er Trump seine Unzulängli­chkeiten und Eitelkeite­n vorhält. FBI-Direktor James Comey wurde nicht gefeuert, weil er sich in der ClintonMai­l-Affäre falsch verhalten hat, sondern weil er die Russland-Kontakte der Trump-Entourage untersucht­e.

Aber es wird schlimmer. Dass Trump sich über einen Wahlsieg der rechtsextr­emen Marine Le Pen gefreut hätte, läuft unter der Rubrik persönlich­e Vorlieben. Wenn er aber den nordkorean­ischen Diktator Kim Jong Un als „smart cookie“bezeichnet, also als „schlaues Bürschchen“, dann verrät das Erschrecke­ndes. Diktatoren, die politische Gegner inhaftiere­n und umbringen lassen, sind nicht „schlaue Burschen“, sondern blutige Tyrannen. Und sie verdienen Verachtung, nicht herablasse­nde Gönnerhaft­igkeit.

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Viktor Hermann

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