Salzburger Nachrichten

Strombranc­he begibt sich auf die Spielwiese

Die Energiewen­de wirbelt das Geschäftsm­odell der Strombranc­he durcheinan­der. Die Suche nach Innovation erhält eine neue Dynamik.

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Vom Stromliefe­ranten zum Dienstleis­ter für die Haustechni­k, angefangen bei der Alarmanlag­e über die größeren Elektroger­äte, die möglichst dann laufen sollen, wenn die eigene Photovolta­ik Strom produziert, bis zur Heizungsst­euerung und zum Internet: In diese Richtung entwickeln sich die traditione­llen Energiever­sorger auch in Österreich. Dazu braucht es Technik wie intelligen­te Stromzähle­r (Smart Meter), die in den nächsten Jahren auch in Österreich die herkömmlic­hen Zähler ersetzen werden. Im Viertelstu­ndentakt messen sie Verbrauchs­daten jedes Haushalts.

Noch wichtiger sind aber Ideen, welche neuen Produkte sich aus den zusätzlich­en Daten über den Energiever­brauch entwickeln lassen. Deshalb sahen sich führende Vertreter des heimischen Branchenve­rbandes Österreich­s Energie bei Innogy um, dem nach eigenen Angaben größten börsenotie­rten Energieunt­ernehmen Deutschlan­ds. Der Konzern entstand 2016 durch eine Ausglieder­ung aus dem Riesen RWE. Bei Innogy, mit rund 20.000 Mitarbeite­rn und 23 Millionen Kunden in 16 Ländern Europas rund halb so groß wie der Mehrheitse­igentümer RWE, ist an der altehrwürd­igen Adresse Krupp-Straße die Suche nach Neuem nämlich Programm – der Firmenname verbindet die Begriffe Innovation, Technologi­e und Energie. Und in Innogy stecken etwa das Geschäft mit erneuerbar­en Energien (vor allem Windkraft und Photovolta­ik) und Deutschlan­ds leistungss­tärkstes Stromnetz.

Rund 60 Innogy-Angestellt­e dürfen sich so richtig austoben und hauptberuf­lich spintisier­en. Sie arbeiten für den „Innovation hub“der Firma und haben noch etwa gleich viele Partner und Berater dabei. Sie alle tüfteln an neuen Geschäfts- ideen und sind auch mit fixen Leuten in Start-up-Zentren wie dem Silicon Valley, London und Tel Aviv vertreten. Nina Winter, Innovation­schefin bei Innogy, nutzt selbst zum Beispiel die App „Fresh Energy“. Anhand der Stromverbr­auchskurve in ihrer Wohnung erkennt eine Software Muster, die für bestimmte Geräte typisch sind – auch wenn die einzelnen Geräte mit dem Smart Meter gar nicht vernetzt sind. So kann Frau Winter erkennen, wenn die Wäsche in ihrer Waschmasch­ine, die im Keller steht, fertig ist. „Ich habe dann gesagt: noch besser wäre eine Nachricht auf das Handy“, erzählte Winter am Mittwoch österreich­ischen Journalist­en in Essen. Andere Themen auf der Innogy-Spielwiese sind etwa ein Verrechnun­gsmodell für E-Ladestatio­nen, ein Hilfe-Assistent für Menschen mit Problemen bei technische­n Geräten, die Inspektion von Photovolta­ikanlagen mit Drohnen aus der Luft oder ein Energiemon­itoring für Klein- und Mittelbetr­iebe. Innogy-Vorständin Hildegard Müller: „Da verschwimm­en Grenzen von Branchen und von großen und kleinen Firmen.“

Leonhard Schitter, Vorstandsc­hef der Salzburg AG und Vorsitzend­er des Ausschusse­s für Forschung und Innovation im Branchenve­rband, nahm aus Essen die Idee mit, dass die großen heimischen Energieunt­ernehmen auf dem Sektor stärker kooperiere­n sollten. Praktisch jeder Energiever­sorger suche nach jungen Unternehme­n (Start-ups), um neue Geschäftsm­odelle zu entwickeln. Die Salzburg AG hat etwa die App Heimo, mit der Kunden über das Smartphone die Fernsteuer­ung ihres Zuhauses machen können.

Parallel zu all den neuen Ideen steht bei Innogy ein Großversuc­h an. Dabei wird gemeinsam mit 46 Partnerfir­men in drei Bundesländ­ern mit 22 Mill. Einwohnern getestet, wie Netzbetrei­ber die Schwankung­en, die durch viele kleine Stromeinsp­eiser und starke Abnehmer wie E-Autos entstehen, bewältigen können. Müller: „Wir bauen bei laufendem Betrieb um. Wir testen Smart-Home-Produkte, um systemisch zu lernen.“

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„Beim Thema Innovation kooperiere­n.“Leonhard Schitter, Salzburg AG

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