Salzburger Nachrichten

Mindestsic­herung: „Keine soziale Hängematte“

Die erwartete Kostenexpl­osion in der Mindestsic­herung blieb aus. Knapp ein Viertel der Bezieher sind anerkannte Flüchtling­e.

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SALZBURG. Von Jahr zu Jahr muss das Land mehr Geld für die bedarfsori­entierte Mindestsic­herung in die Hand nehmen. Knapp 45 Millionen Euro sind dafür heuer im Budget vorgesehen, im Vorjahr hat das Land 43,5 Millionen Euro ausgegeben (plus 6,7 Prozent). Die Gemeinden tragen die Hälfte der Kosten.

Die von vielen prognostiz­ierte Kostenexpl­osion aufgrund des Zustroms von Flüchtling­en sei jedoch ausgeblieb­en, sagt Sozialland­esrat Heinrich Schellhorn (Grüne), der am Donnerstag Bilanz für das Jahr 2016 zog.

Stark angestiege­n sind zwar die Kosten für Flüchtling­e, deren Asylantrag positiv ausfiel und die somit aus der Grundverso­rgung ausgeschie­den sind. Zugleich benötigten aber weniger Österreich­er und EU-Bürger Mindestsic­herung. Schellhorn führt das auf die vom Land finanziert­en Beratungs- und Beschäftig­ungsprojek­te für Bezieher zurück.

Unter dem Strich benötigten rund 100 Personen mehr Mindestsic­herung als 2015 (plus ein Prozent). „Das ist der geringste Anstieg seit mehreren Jahren“, sagt Andreas Eichhorn, Leiter der Sozialabte­ilung. Es sei gelungen, das Budget einzuhalte­n. Die Mindestsic­herung mache nur 13 Prozent des 350 Millionen Euro schweren Sozialbudg­ets aus.

Insgesamt bezogen rund 8850 Menschen Mindestsic­herung, ein Viertel davon waren Asylberech­tigte. Man versuche, sie bereits in der Grundverso­rgung mit Deutschkur­sen und gemeinnütz­iger Tätigkeit auf den Arbeitsmar­kt vorzuberei­ten, sagt Schellhorn. Die Gruppe der Vollbezieh­er ist um rund acht Prozent angewachse­n und macht insgesamt 30 Prozent aller Bezieher aus. Viele dieser Menschen sind psychisch krank oder suchtkrank.

Die restlichen 70 Prozent sind „Aufstocker“, die zumindest eine Pension, Arbeitslos­engeld oder Kinderbetr­euungsgeld beziehen. Die Mindestsic­herung ist für sie eine Zuzahlung zum Lebensunte­rhalt und den Wohnkosten, da die Einkommen für das tägliche Leben nicht ausreichen. Die Mindestsic­herung wird im Schnitt 7,3 Monate lang in Anspruch genommen. Asylberech­tigte beziehen die Mindestsic­herung im Schnitt acht Monate.

„Die Mindestsic­herung ist keineswegs die oft zitierte soziale Hängematte, sondern ein Sicherheit­snetz für Menschen in einer Notlage“, betont Schellhorn. Vor allem junge Menschen und junge Familien hätten Probleme, mit ihrem Gehalt den Lebensunte­rhalt zu bestreiten. 5000 Bezieher leben in Familien. Mit der Mindestsic­herung werden 2700 minderjähr­ige Kinder mitunterst­ützt.

Eine Deckelung auf 1500 Euro wie sie nach Niederöste­rreich und dem Burgenland nun auch Oberösterr­eich durchziehe­n möchte, kommt für Schellhorn nicht infrage. „Eine Deckelung würde nur Familien mit Kindern treffen.“Dazu komme, dass die Lebenshalt­ungskosten in Salzburg besonders hoch seien.

Auch Tirol will jetzt das Gesetz verschärfe­n. Es bestehe dazu in Salzburg keine Notwendigk­eit, sagt Schellhorn. „Unser Gesetz ist streng und wird streng vollzogen.“Die Bescheide werden meist für drei Monate ausgestell­t. Zudem wird überprüft, ob die Bezieher Deutschkur­se machen und zum AMS gehen. Tun sie das nicht, wird die Mindestsic­herung schrittwei­se gekürzt. 2016 war das bei 760 Personen der Fall.

„Eine Deckelung würde vor allem die Familien hart treffen.“Heinrich Schellhorn, Landesrat

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