Das nächste Jahr der Wetterextreme
Temperaturen wie in Nizza und bis zu 70 Prozent weniger Regen als in Durchschnittsjahren: Die Hitze lässt die Bauern Millionenschäden befürchten. Abkühlung ist nicht in Sicht – und wenn, oft in Form von Gewitter und Hagel.
Frost, Hagel und Dürre: 150 Mill. Euro Schaden
SALZBURG. Von Jahrhundertereignissen will man bei der heimischen Hagelversicherung schon lange nicht mehr sprechen. „Was früher an Wetterextremen als Jahrhundertereignis bezeichnet wurde, kommt heute alle drei bis fünf Jahre vor“, sagt Sprecher Mario Winkler. Fix jedenfalls ist nach nicht einmal sechs Monaten 2017: Auch das heurige Jahr ist eines der Wetterextreme – und damit für die Landwirte eine extreme Herausforderung.
Nach einem ungewöhnlich warmen Frühjahr und darauf folgendem späten, aber heftigen Frost ist es nun die anhaltende flächendeckende Hitzewelle, die die Nervosität unter den Bauern steigen lässt. Die Schäden würden schon jetzt mehr als 100 Mill. Euro betragen, allein durch die Dürre, so die Hagelversicherung. „Der Gesamtschaden durch Spätfrost, Überschwemmung und Hagelschäden sowie Dürre liegt aktuell bei 150 Mill. Euro.“
Allein in Oberösterreich war die Niederschlagsmenge in den vergangenen 30 Tagen in weiten Landesteilen 70 Prozent unter den Normalwerten, sagt Christian Krumphuber, Pflanzenexperte der Landwirtschaftskammer (LWK) OÖ. Und komme jetzt keine unerwartete Abkühlung, dürfte das TemperaturMonatsmittel für Juni bei 21 Grad liegen statt wie sonst bei 17,9 Grad. „Das sind normale Juni-Werte von Nizza in Südfrankreich.“Entsprechend massiv seien schon jetzt die Folgen. Beim Wintergetreide, wo die Reife weit fortgeschritten sei, schade die Dürre weniger, erklärt Krumphuber. Beim Grünland aber seien die Auswirkungen massiv. „Futterknappheit ist zu befürchten, und zukaufen ist schwer, wenn österreichweit die Lage gleich ist.“
Stark betroffen ist auch Niederösterreich. 70 Prozent weniger Niederschlag in Horn oder Zwettl, 50 Prozent weniger im Weinviertel, das würde mittlerweile nicht nur die Getreideernte schmälern, sondern – wenn es nicht bald regnet – auch Mais oder Erdäpfel beeinträchtigen, sagt Ferdinand Lembacher von der LWK Niederösterreich. Viel zu trocken ist es auch im Salzburger Flachgau. „Der Ertrag beim Grünland ist deutlich geringer, bleibt es noch eine Woche heiß, wird es dramatisch“, sagt LWK-Sprecherin Ulrike Grabler.
Reagiert hat Donnerstag Agrarminister Andrä Rupprechter: Grünbrachen, also heuer nicht für die Produktion gedachte Flächen, werden als Futterflächen freigegeben.
Psychologisch ein wichtiger Schritt, weil – wenn Futter fehlt – kein Bauer Fläche ungenutzt lassen will, von der verfügbaren Fläche her aber nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“, heißt es dazu in der LWK. Sorgen bereiten neben der Hitze auch durch sie drohende Gewitter. „Geschwächte Pflanzen können nicht nur durch Hagel, sondern auch bereits durch Starkregen zerstört werden“, sagt Mario Winkler von der Hagelversicherung.
Deutlich gestiegen ist durch die zunehmenden Wetterextreme die Zahl jener Bauern, die sich gegen mögliche Schäden versichern. Im Vorjahr sind hier auch die Zuschüsse ausgeweitet worden. Gab es zuvor nur bei Hagel und Frost einen Zuschuss von 50 Prozent von Land und Bund zu den Versicherungsprämien, gilt das jetzt auch bei Schäden durch Dürre, Sturm und Überschwemmung. 85 Prozent der relevanten Flächen seien gegen Hagel versichert, 65 Prozent gegen Dürre. Freilich, abgedeckt werde nur ein Teil des Schadens, so die LWK.