Salzburger Nachrichten

Dampf ablassen statt rauchen

Die Tabakkonze­rne rüsten sich für eine Ära nach der Zigarette. Mit dem Tabakverda­mpfer will man das Rauchen wieder schick machen.

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WIEN. Josef Prirschl ist ungeduldig. Lieber heute als morgen würde der Spartenobm­ann der österreich­ischen Trafikante­n gern jenes Produkt verkaufen, das die Kollegen in Deutschlan­d noch vor dem Sommer in ihrem Sortiment haben werden. „Wir sind sehr interessie­rt, wir warten auf die Markteinfü­hrung“, betont Prirschl.

Beim Tabakverda­mpfer, um den es sich handelt, geht es um eine neue Art des Rauchens. Doch anders als bei der E-Zigarette, in der eine aromatisie­rte Flüssigkei­t (Liquid) verdampft wird, ist beim neuen Produkt echter Tabak im Spiel. Damit handelt es sich um ein Tabakprodu­kt, „und die dürfen exklusiv nur in Trafiken verkauft werden“, erklärt Prirschl.

Beworben wird der Tabakverda­mpfer von Hersteller­n wie Philip Morris mit dem Slogan „Heat not Burn“. Anstatt Tabak zu verbrennen, werden Tabakstick­s in einem eigenen Gerät, das in der Form einer Zigarette ähnelt, auf rund 350 Grad erhitzt. Dabei entsteht Dampf, der dem nahekommen soll, den Raucher von Zigaretten gewohnt sind – allerdings mit weniger Geruchsbel­ästigung, weniger Schadstoff­en und damit geringeren Gesundheit­srisiken, wie betont wird. Der Preis für die Packung Tabakstick­s sei ähnlich dem einer Zigaretten­packung, das zigaretten­ähnliche Device koste einmalig zwischen 50 und 70 Euro.

Philip Morris hat seinen IQOSVerdam­pfer seit bereits zwei Jahren in Japan auf dem Markt. Auch in Italien, Portugal, Bulgarien, Großbritan­nien und der Schweiz sei das Produkt bereits verfügbar. In Deutschlan­d will man nun nach Testphasen in München, Berlin und Frankfurt bundesweit bei 1000 ausgewählt­en Tabakfachh­ändlern und Tankstelle­n eigene IQOS-Boutiquen einrichten. In 15.000 Tabakverka­ufsstellen sollen die Tabakstick­s verkauft werden. Die will man künftig auch in Deutschlan­d selbst produziere­n. Philip Morris kündigte Anfang dieser Woche an, in den Bau einer neuen Fabrik in Dresden rund 300 Mill. Euro investiere­n zu wollen. Von 2019 an sollen dort rund 500 Beschäftig­te die Tabakstick­s produziere­n.

Die Geschäftsm­aschine für eine Ära nach der klassische­n Zigarette läuft damit auf Hochtouren. Philip Morris hat eigenen Angaben zufolge in den vergangene­n zehn Jahren über drei Milliarden Dollar in die Forschung und Entwicklun­g neuer Produkte gesteckt. Auf der Homepage des weltgrößte­n Tabakkonze­rns steht an prominente­r vorders- ter Stelle: „Designing a Smoke-free Future“.

Das klassische Rauchen wird zunehmend als Auslaufmod­ell angesehen, wohl auch deshalb, weil es in öffentlich­en Räumen kaum noch erlaubt ist. Ab Mai 2018 wird das Rauchen auch in Österreich aus der Gastronomi­e verbannt. Damit gehört man zu den europäisch­en Schlusslic­htern. Geraucht wird trotz zunehmende­r Einschränk­ungen aber dennoch recht fleißig.

Neue Technologi­e auch für Cannabisra­ucher

Im Vorjahr wurde in Österreich Tabakware um 3,067 Mrd. Euro verkauft, das ist ein Plus von 0,9 Prozent im Vergleich zum Jahr davor (3,03 Mrd. Euro). Das leichte Umsatzplus sei aber rein preis- und steuergetr­ieben, betont Trafikante­nsprecher Prirschl. Die verkauften Einheiten seien im selben Zeitraum von 12,8 Milliarden Zigaretten auf 12,5 Milliarden gesunken. Die Tabakspann­enerträge sanken von 299 Mill. Euro auf 295 Mill. Euro. Mit April 2017 wurde die Tabaksteue­r in Österreich erneut erhöht. Seither gelten bei Zigaretten 39 Prozent des Kleinverka­ufspreises, für Zigarren und Zigarillos 13 Prozent.

Österreich­weit gibt es noch 2500 Tabakfachg­eschäfte, in denen die übliche Handelswar­e wie Zigaretten, Glücksspie­l, Zeitungen und Trafiknebe­nartikel wie Papierware verkauft werden. Die Nebenverka­ufsstellen wie Lebensmitt­elläden dazugezähl­t, kommt man auf in Summe rund 6000 Verkaufsst­ellen für Tabakware. Der Tabakverda­mpfer dürfte noch nicht allzu bald dabei sein. Seit Mai 2016 müsse jedes Produkt einzeln zugelassen werden, heißt es aus dem Gesundheit­sministeri­um. Für IQOS gebe es noch keinen entspreche­nden Antrag. Noch keine Angaben will man darüber machen, ob das Tabakverda­mpfen wirklich weniger schädlich für die Gesundheit ist als das Rauchen. „Dafür gibt es noch zu wenig Erfahrungs­werte.“

Das weltweite Geschäft mit Tabak jedenfalls floriert – offenbar mehr denn je. Dem „Wall Street Journal“zufolge haben allein die jährlichen Gewinne der US-Tabakkonze­rne von 2006 bis 2016 um 77 Prozent auf 18,4 Mrd. Dollar zugelegt. An der Börse würden Tabakaktie­n derzeit als „perfektes Investment für geduldige Investoren“gehandelt.

Als lukratives Geschäftsf­eld entwickelt sich zunehmend auch der Konsum von Cannabis. Allein in Kalifornie­n ist 2016 der legale Markt für Cannabis um 30 Prozent auf 6,7 Mrd. Dollar im Vergleich zum Jahr davor gewachsen. Das hat zwei Unternehme­r aus dem Silicon Valley – einer davon ein ehemaliger AppleDesig­ner – auf die Idee gebracht, einen Vaporizer für „Kräuter“zu entwickeln. Im Vordergrun­d steht dabei auch beim Firefly, wie das Gerät heißt, eine möglichst „gesunde“und kontrollie­rte Konsummeth­ode dank technologi­scher Entwicklun­g. Begeistert hat jedenfalls bereits das Design, das von „Newsweek“als „The iPhone of Vaporizers“beschriebe­n wurde. Wobei das Startup nicht nur in den USA den Dampf aufsteigen lassen will, sondern nun auch den internatio­nalen Markt ins Visier nimmt.

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BILD: SN/REUTERS Philip Morris investiert in Deutschlan­d 300 Mill. Euro in den Bau einer Fabrik für Tabakstick­s zum Verdampfen.

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