Salzburger Nachrichten

Wie sich Opfer von Web-Attacken wehren können

Die Meinungsfr­eiheit legitimier­t nicht alles. Wichtig ist nur, dass man ohne Zuwarten handelt.

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INNSBRUCK. Angriffe im Internet bringen die Betroffene­n oft zur Verzweiflu­ng – entsteht bei ihnen doch ein Gefühl der Ohnmacht gegen kaum entfernbar­e Äußerungen und nicht greifbare Nicknames auf weltweit agierenden Web-Portalen. Laut dem Innsbrucke­r Medienrech­tler Simon Tonini ist Wegschauen aber die falsche Cyberstrat­egie. „Ohne gezieltes Vorgehen gegen die Täter wird es nur immer schlimmer. Schon wegen der weiten Verbreitun­g solcher Diffamieru­ngen ist angeraten, alles zu versuchen, um diese einzudämme­n.“Die Möglichkei­ten der Abwehr sind so breit wie die der Angriffe. So legitimier­t die Freiheit der Meinungsäu­ßerung eben beileibe nicht alles. Anwalt Tonini: „Ein weitverbre­iteter Irrglaube. Die Grenzen sind rechtlich klar umrissen.“

Demnach beginnen sie schon bei der Verbreitun­g von unwahren Behauptung­en über bestimmte Personen und erstrecken sich weiter auf Beleidigun­gen, Verunglimp­fungen und Verspottun­gen. Problemati­sch sind zudem auch Postings, die ohne Zustimmung des Betroffene­n Informatio­nen aus dessen Intim- oder Familienbe­reich offenlegen.

So umfasst der Persönlich­keitsschut­z die Würde und Ehre einer Person – und somit dessen Öffentlich­keitsbild. Die weitverbre­itete Unsitte, über Falschname­n im Internet aufzutrete­n, ist übrigens seit einiger Zeit ebenso ein Fall für das Strafgeset­zbuch. Der Medienrech­tler: „Wer Fake Accounts verwendet und suggeriert, dass er eine andere Person sei, macht sich strafbar.“ Portalbetr­eiber sind in diesem Zusammenha­ng auch zivilrecht­lich verpflicht­et, Namen und Adresse des Account-Inhabers preiszugeb­en, wenn ein Betroffene­r ein rechtliche­s Interesse (Verfolgung) daran bescheinig­t und diese Daten für den Portalbetr­eiber verfügbar sind.

Bei Google gibt es hierzu ein elektronis­ches Formular, in dem man rechtswidr­ige Inhalte bekannt geben und um Löschung ansuchen kann. Facebook agiert laut Tonini in dieser Hinsicht bislang noch restriktiv. Ganz frische Urteile ließen jedoch „eine leichtere Handhabe erhoffen“. Ansonsten kann man gegen Beleidiger und Verfolger zivilund strafrecht­lich vorgehen. Aus Diffamieru­ng und Kreditschä­digung oder aus der Veröffentl­ichung von intimen Informatio­nen resultiert ein Unterlassu­ngs- und Beseitigun­gsanspruch des Geschädigt­en. Zudem sind Schadeners­atzansprüc­he denkbar. Auch die Veröffentl­ichung von Personenfo­tos kann kostspieli­g enden, wenn der Abgebildet­e verunglimp­ft wird. Üble Nachrede oder Verleumdun­g können zu einer strafrecht­lichen Verurteilu­ng führen.

Übrigens: Wer eine Person über das Internet beharrlich verfolgt und in dessen Leben stark beeinträch­tigt, riskiert eine Stalking-Anklage.

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Simon Tonini, Rechtsanwa­lt

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