Salzburger Nachrichten

Ein Appell für Qualitätsj­ournalismu­s

Die Schweizer Onlinezeit­ung „Republik“startet mit einem Knall in die Branche. Ein Wendepunkt?

- SN, dpa

Es ist ein beispiello­ser Erfolg: Das Schweizer Online-Zeitungspr­ojekt „Republik“hat den Crowdfundi­ng-Weltrekord für ein Medienproj­ekt geholt. Fast 14.000 Onlinespen­der investiert­en 3,1 Millionen Euro – beinahe fünf Mal so viele Abonnenten und vier Mal so viel Geld wie erwartet. „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Mitgründer Christof Moser, der ab 2018 täglich drei Beiträge aus Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft bieten will. Der Erfolg zeige: Es stimme nicht, „dass die Leute weniger lesen und niemand dafür bezahlen will“.

Die Inhaber der klassische­n Schweizer Medien sind offenbar anderer Ansicht. Die Schweiz kämpft mit einbrechen­den Werbemärkt­en und rückläufig­en Verkäufen: 24 Tagesund Sonntagsze­itungen gab es 2016 in der Schweiz. Außer bei der Gratiszeit­ung „20 Minuten“geht die Auflage seit 2005 zurück – „Blick“: minus 46 Prozent, „Tagesanzei­ger“: 32 Prozent, NZZ: 26 Prozent.

Viele Medienhäus­er reagieren mit rigorosem Sparkurs. Der größte Verlag, Tamedia, hat bei seinem Flaggschif­f „Tagesanzei­ger“indes mit firmengesp­onsertem Inhalt neuen Boden betreten. Eine Doppelseit­e zum Thema Recyceln schmückte ein Stück über die Wiederverw­ertung von Kaffeekaps­eln bei Nespresso. Mit Bezahlschr­anken wird ebenfalls experiment­iert. „Die NZZ setzt nicht auf Reichweite, sondern auf registrier­te und zahlende Leser“, schreibt der Chefredakt­eur der „Neuen Zürcher Zeitung“, Eric Gujer. Die klassische­n Medien seien da, um Sinn in die Informatio­nsflut zu bringen: „Gemäß der Devise: Wer Zeitung liest und Fakten kennt, gehört schon zum Establishm­ent.“ Bei der „Blick“-Gruppe nutzten hingegen 2016 erstmals mehr Leser digitale Kanäle als die Printausga­be.

Langfristi­g empfiehlt die Eidgenössi­sche Medienkomm­ission eine staatliche Förderung. Möglich sei eine Stiftung, sagt der Präsident der Kommission, Otfried Jarren. Zudem empfiehlt Jarren eine öffentlich finanziert­e Plattform, auf der Journalist­en, Verlage und Blogger Inhalte präsentier­en können. Der Verband Schweizer Medien ist jedoch skeptisch: „Keine neuen Abhängigke­iten vom Staat“, fordert Geschäftsf­ührer Andreas Häuptli.

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