Im Sozialstaat klafft eine riesige Lücke
Wenn jemand seinen Job verliert, springt die Arbeitslosenversicherung ein. Wenn jemand in seiner Existenz bedroht ist, springt die Mindestsicherung ein. Wenn jemand krank ist, springt die Krankenkasse ein. Wenn jemand alt ist, springt die Pensionsversicherung ein. Nur eine Lücke klafft in unserem Sozialstaat: bei der Pflege. Wenn jemand hinfällig wird und Heimpflege braucht, wendet sich der Sozialstaat achselzuckend ab, und der Patient muss mit seinem Privatvermögen für die Kosten geradestehen. Das ist weder zu erklären noch zu rechtfertigen, und die Tatsache, dass der Pflegeregress in jedem Bundesland anders geregelt ist und es für den Pflegebedürftigen zum föderalistischen Lotteriespiel wird, wo er pflegebedürftig wird, macht die Sache nicht besser.
Es ist absolut zu begrüßen, dass die SPÖ den Pflegeregress abschaffen will. Nur über die von der SPÖ geplante Geldaufbringung wird man noch ein Wörtchen reden müssen. Denn zum Zweck der Pflegefinanzierung wollen die Sozialdemokraten, erraten, eine neue Steuer einführen, nämlich eine Erbschaftssteuer. Ganz so, als wäre die Belastungsquote in unserem Land nicht bereits hoch genug. Ganz so, als ob es verboten wäre, die Kosten der Pflege durch Umschichtungen in unserem hervorragend ausgebauten Sozialsystem hereinzubringen.
Wobei zu sagen ist: Eine moderate Erbschaftssteuer würde schon Sinn machen. Es handelt sich dabei um eine gerechtere Belastung als etwa die Mehrwertsteuer, die vor allem Kleinverdiener trifft. Oder die Einkommenssteuer, die vor allem mittlere Einkommen über Gebühr belastet und den Faktor Arbeit in einem schädlichen Ausmaß verteuert. Daher: Moderate Erbschaftssteuer, ja bitte, aber nur dann, wenn gleichzeitig andere Steuern gesenkt werden, und zwar im gleichen Ausmaß. Mindestens.
Sollte freilich die SPÖ auf die unselige Idee verfallen, eine Erhöhung der Steuer- und Abgabenquote zur Bedingung dafür zu machen, dass der Pflegeregress abgeschafft wird, wird sie wohl keine Partner finden, und die Sache ist zum Scheitern verurteilt. Es wäre schade.