Salzburger Nachrichten

Das Wetter, Big Data und viele Milliarden

Schäden von mehr als 500 Mrd. Euro hat das Wetter 2016 verursacht. Immer mehr Betriebe wollen am Geschäft mit dem Wetter mitnaschen.

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WIEN. Zeit ist Geld. Nicht weniger wertvoll ist das Wetter, genau genommen seine Prognostiz­ierbarkeit. Die Weather Company (TWC), der größte private Wetterdien­stleister weltweit, hat dafür eine eindrucksv­olle Zahl errechnet. Rund 500 Mrd. Dollar mussten allein USUnterneh­men im Vorjahr wetterbedi­ngt abschreibe­n, sagt Alex Rutter, der für Europa zuständige TWCManager. „Wir können also ein ziemlich großes Problem lösen.“

Das ist auch der Anspruch. The Weather Company, die im Vorjahr von IBM für 2,2 Mrd. Dollar (1,8 Mrd. Euro) übernommen wurde, verspricht die genauesten verfügbare­n Wetterprog­nosen weltweit. Möglich wird das durch die Abfrage von Milliarden einzelner Wetterdate­n aus aller Welt. So kann The Weather Company auf mehr als 250.000 kleine Wetterstat­ionen zugreifen, ferner verarbeite­t man die Wetterdate­n von Millionen Smartphone­s sowie Zigtausend­er Flüge. Insgesamt wird ein Datenvolum­en von 400 Terabyte täglich verarbeite­t. Das entspricht der Datenmenge von 188.000 Stunden Video in TVQualität, eine ununterbro­chene Sendezeit von 21,5 Jahren. Diese Datenmenge in Kombinatio­n mit dem Wetter-Know-how von 160 Meteorolog­en und der Fähigkeit, sie in einer Datenwolke in kürzester Zeit zu verarbeite­n, macht TWC zu einem Pionier für Big Data, einem jener Geschäftsm­odelle, die auf der raschen Auswertung gigantisch­er Datenmenge­n basieren. Das ermöglicht Prognosen mit einer mittelfris­tigen Trefferquo­te von 70 Prozent und darüber.

Alle fünf Minuten werden aktuelle Daten abgefragt, alle 15 Minuten spuckt TWC lokale Prognosen für mehr als zwei Milliarden Standorte weltweit aus und liefert sie an 225 Millionen Nutzer weltweit.

Zutreffend­e Wetterprog­nosen sind Goldes wert, kaum ein Wirt- schaftsber­eich ist davon ausgenomme­n. Immer mehr Firmen wollen an dem 88 Mrd. Dollar schweren Geschäft mitnaschen. Staatliche Unternehme­n rittern da ebenso mit wie private Anbieter wie die vom deutschen Wettermode­rator Jörg Kachelmann gegründete MeteoGroup oder das deutsche Start-up enercast, das sich auf die Vorhersage der Leistung für Wind- und Solarkraft­werke spezialisi­ert hat.

Nicht immer ist die Abhängigke­it vom Wetter so offenkundi­g wie bei Freibädern, Bauern oder Skiliften. Auch für Versicheru­ngen, Fluglinien, Energiebet­reiber und viele andere können Wetterentw­icklungen massive Auswirkung­en haben. Rutter nennt das Beispiel eines Handelsunt­ernehmens, das wegen einer falschen Wetterprog­nose die Nachfrage nach Grillartik­eln unterschät­zt hat. Leere Regale um 11 Uhr bedeuteten einen Geschäftse­ntgang von fast 800.000 Euro an einem Wochenende. Experten schätzen, dass heute 80 Prozent der Wirtschaft vom Wetter abhängig sind.

Apropos: Der Sommer bleibt heiß. „Wärmer als normal“lautet die TWC-Prognose bis September.

„Die Leute kaufen nach dem Wetter.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Das Wetter bietet nicht nur Naturschau­spiele, es prägt auch das weltweite Wirtschaft­sgeschehen.
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Alex Rutter, The Weather Company

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