Die Frauen erobern die Bergbahnen
Der Großteil der Bergbahnen in Österreich steht auch im Sommer nicht still. Immer öfter haben dabei Frauen die Technik im Griff.
SALZBURG. Georg Bliem ist im Tourismus und in der Seilbahnwirtschaft ein langgedienter Haudegen. „Früher“, sagt der Chef der PlanaiHochwurzen-Bahnen in Schladming, „früher, da war es ja fast verpönt, dass eine Frau am Lift steht.“Dass es heute anders ist, freut Bliem sichtlich. Mit breitem Grinsen erklärt er: „Wir liegen jetzt bei 28 Prozent Frauenanteil bei unseren 410 Mitarbeitern, und es ginge noch mehr.“In jedem Bereich seien Frauen beschäftigt, „nur eine Busfahrerin fehlt mir noch“.
Die einstige Männerbranche hat sich zum dienstleitungsorientierten Servicebetrieb gewandelt, in dem Frauen willkommen sind. Kassenbetrieb und Marketing sind längst überwiegend weiblich. Doch auch in der Seilbahntechnik, der Königsdiziplin eines Bergbahnenbetriebs, steigt der Frauenanteil. „Fast alle großen Gesellschaften haben mittlerweile auch Damen im Einsatz“, sagt Roland Gruber, der an der Landesberufsschule in Hallein den Seilbahnernachwuchs unterrichtet. Aus ganz Österreich, aber auch Deutschland und Italien werden hier die Maschinisten und künftigen Betriebsleiter ausgebildet. 55 Jugendliche sind heuer neu eingestiegen, 200 sind aktuell in der Lehrausbildung. Über seine Schülerinnen sagt Gruber: „Sie sind die Leistungsträger in den Klassen.“
Eine von ihnen ist Bibiana Riepler, Maturantin am BORG in Radstadt und demnächst fertig ausgebildete Seilbahntechikerin. Ihr Arbeitsplatz sind die Bergbahnen Wagrain. Dort hat sie während ihrer Schulzeit bereits gejobbt, allerdings in der Animation bei der Kinderbetreuung. „Aber die Technik hat mich immer mehr fasziniert“, erklärt die Pongauerin. Noch vor der Matura bekam sie von den Wagrainern – und dort als zweite Frau in der Seilbahntechnik – ein Jobangebot. Im Sommer betreut Riepler nun die Flying-Mozart-Gondel, mit der die Downhill-Biker auf den Berg fahren. Aber der Winter sei spannender, sagt die 20-Jährige, „da ist viel mehr los“. Auch wenn man sich als Frau, was die körperliche Arbeit betreffe, etwas mehr anstrengen müsse als die männlichen Kollegen.
Ohnehin sei es ein Klischee, ergänzt Ausbildner Gruber, dass Seilbahner nur im Schaltraum herumsäßen und warteten, um ab und zu ein paar Knöpfe zu drücken. „Im Kammerl, das ist der Nebenjob.“Die Bandbreite des Wissens und des Einsatzes reiche von der Mikroelektronik bis zum schweren Maschinenbau. Die laufende Wartung und Kontrolle der immer größeren und technisch anspruchsvolleren Bahnen – derzeit gebe es einen Schub hin zu mehr Sensorik – gehöre genauso zum Job wie einen sicheren Fahrtdienst zu leiten. „Ein Seilbahntechniker ist in puncto Sicherheit einem Lokführer gleichgestellt.“
„Den alten Liftler gibt es nicht mehr.“
Ausbildungsinhalt seien auch Zutrittssysteme, Beschneiungstechnik, Pistengeräte bis hin zur Lawinen- und Wetterkunde.
Für den Berufsschuldirektor Johann Rautenbacher ist Seilbahntechniker „ein absoluter Topberuf mit Zukunft“. Einerseits garantiere der Sommerbetrieb in den Gebirgsregionen Ganzjahresjobs, andererseits spielten alle Arten von Bahnen eine immer größere Rolle im städtischen Transportwesen. Zuletzt sei ein Absolvent zu London Transports gewechselt, ein anderer arbeite seit Kurzem in Berlin. Auch Bibiana Riepler beobachtet die Entwicklung mit Interesse. Sie selbst aber sei „ein Mensch mit großem Heimatbezug“.