Die Gewalt gegen Frauen ist alarmierend
Dass es Frauenhäuser geben muss, ist eine Schande. Dass sie ums Geld betteln müssen, auch. Und dumm ist, dass ihren Warnungen kaum jemand zuhört.
Drei Häuser gibt es im Bundesland Salzburg, in denen sich Frauen mit ihren Kindern vor prügelnden Partnern in Sicherheit bringen können. Sich verstecken. Sich wieder aufrappeln nach oft jahrelanger Gewalt.
Erschreckend genug, dass unsere Gesellschaft Anfang des 21. Jahrhunderts solche Fluchtburgen überhaupt braucht. Und empörend, dass diese Frauenhäuser regelmäßig um das nötige Geld für den Betrieb betteln müssen. Das Frauenhaus Hallein kann – wie diese Woche wieder berichtet – den Nachtdienst nur noch durch Spenden von Privaten aufrechterhalten. Erstaunlich ist, dass es eine grüne Landesrätin und Feministin ist, die finanziell so auf der Bremse steht. Wirklich erklären kann sie das nicht.
Vielleicht liegt es auch daran, dass wir alle die Existenz von Frauenhäusern gerne ausblenden. Diese ist beschämend. Die Vorstellung schmerzt, dass es Frauen gibt, die existenziell – Von Frauen- und Männerhäusern . . . und oft auch emotional – so abhängig von ihren Peinigern sind, dass sie diese nicht einfach verlassen können. Jedenfalls nicht auf „normalem“Weg. Diese Frauen haben oft keine Arbeit, keine Wohnung, keine Unterstützung durch Freunde und Familie. Sie brauchen daher den Umweg über die Frau- enhäuser. Bei Weitem nicht alle, die dort Schutz suchen, kommen sofort unter.
Das Schicksal dieser Frauen passt nicht ins Rollenbild einer emanzipierten Frau. Es passt nicht zu den viel zitierten westlichen Werten und Menschenrechten. Und auch nicht zu Paarbeziehungen auf Augenhö-
he und in gegenseitiger Wertschätzung. Also blenden wir diese Frauen als Opfer lieber aus.
Das Alarmierende ist nur: Es gibt diese Opfer nicht nur, ihre Zahl steigt derzeit sogar.
Die Expertinnen in den Frauenhäusern berichten davon, dass mit der Migrations- und Flüchtlingswelle vermehrt frauenfeindliche und frauenverachtende Praktiken ins Land gekommen sind. Die mehr oder weniger zwangsweise Verheiratung junger Mädchen; die völlige ökonomische Abhängigkeit vom Ernährer der Familie; die Unterordnung unter patriarchale Strukturen; verquere Ehrbegriffe – das alles ist strukturelle Gewalt gegen Frauen und bildet den Boden für körperliche und sexuelle Misshandlungen.
Es geschieht unter unseren Augen, ohne dass wir es immer auch erkennen können. Deshalb gilt es, ganz genau hinzuschauen. Und die Warnungen jener zu hören, die als Erste bemerken, was sich da verändert. Das sind – unter anderen – die Betreuerinnen in den Frauenhäusern.
Es wäre ungerecht und weit abseits jeder Realität, Zuwanderer aus islamischen Ländern in Bausch und Bogen als frauenfeindlich zu stigmatisieren. Wer das nicht will, muss aber umso entschiedener gegen jene Männer und Brüder kämpfen, die Mädchen Bildung verweigern; die Mütter ans Haus fesseln; die Herrschaft ausüben wollen über Frauen. Hier geht es ums Eingemachte in der Verteidigung aller emanzipatorischen Errungenschaften. Manchmal entsteht jedoch der Eindruck, als seien symbolische Fragen wie geschlechtergerechtes Formulieren (Binnen-I) in offiziellen Texten wichtiger als der Kampf gegen Gewalt an Frauen hier und jetzt.
Irgendwie scheinen die Proportionen verschoben. Während das Frauenhaus in Hallein um Hilfe ruft, startete diese Woche die Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg einen Spendenaufruf: Gesucht werden 20.000 Euro für bessere Sicherheitsvorkehrungen, vor allem für eine neue Mauer. O-Ton: „Wir helfen – weil jeder Euro vor Ort besonders gut investiert ist.“Wie wahr! Interessant ist nur: Das Frauenhaus, für das hier gesammelt wird, steht im Libanon.
Und das in Hallein? Steht allein da.