Strategie gegen die Massenmigration
Europa darf nicht achselzuckend zur Kenntnis nehmen, dass gewissenlose Schlepper hilflose Menschen in löchrige Schlauchboote setzen.
Ein paar Zahlen: Über die Mittelmeerroute sind in der ersten Hälfte dieses Jahres rund 84.000 Menschen nach Europa gekommen. Mehr als 2000 Menschen haben Europa nicht erreicht. Sie sind tot. Irgendwo zwischen Afrika und Europa ertrunken. Wie viele in afrikanischen Wüsten verdurstet, in den Händen von Schleppern ermordet oder sonst wie ums Leben gekommen sind, weil sie sich, angelockt von der Aussicht auf eine Überfahrt nach Europa, aus ihrer fernen Heimat auf den Weg gemacht haben, ist nicht überliefert.
Dass angesichts dieser Zahlen, angesichts dieser Tragödien die Schließung der Mittelmeerroute keineswegs „populistischer Vollholler“ist, sondern bittere Notwendigkeit, sollte einleuchten, und es war auch bereits der SPÖ eingeleuchtet, ehe sie auf Wahlkampfmodus schaltete. Seltsamerweise waren in den vergangenen Tagen etliche Experten zugange, die sogleich erklärten, dass eine Schließung der Mittelmeerroute gar nicht möglich sei. Und dass man eine riesige Wasserfläche nicht absperren könne wie einen Waldweg. Ja eh, aber muss deshalb alles beim Alten bleiben? Muss man deshalb achselzuckend zur Kenntnis nehmen, dass gewissenlose Schlepper hilflose Menschen in löchrige Schlauchboote setzen? Jenseits aller Polemik ist klar, dass die Schließung der Mittelmeerroute Teil einer umfassenden Strategie gegen die illegale Migration sein kann und muss.
Einer der wichtigsten Punkte einer solchen Strategie ist rechtlicher Natur: Es muss endlich eine Trennung herbeigeführt werden zwischen Menschen, die aus politischen Gründen fliehen, und solchen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen. Nur für die Erstgenannten darf das Asylrecht zuständig sein. Auch die Zweitgenannten sind aller Ehren wert, schließlich ist es keine Sünde, durch Auswanderung seine Lebenschancen zu verbessern. Und dennoch: Diese Auswanderer sind, sofern sie nicht über die notwendigen Einreisepapiere verfügen, illegale Migranten. Und daher nicht in ein jahrelanges Asylverfahren aufzunehmen. Die illegale Überfahrt nach Italien darf kein Freibrief für unbegrenzten Aufenthalt in Mitteleuropa sein.
Es mag sein, dass eine Trennung zwischen politischen Flüchtlingen und illegalen Migranten nicht einfach umzusetzen ist. Das ist kein Grund, dies nicht einmal zu versuchen. Dass die meisten Medien all jene, die auf wackeligen Booten nach Europa streben, unterschiedslos als „Flüchtlinge“bezeichnen, trägt nicht eben zur Entwirrung der Begriffsverwirrung bei. Auch hiezu ein paar Zahlen: 2016 sind mehr als 37.000 Menschen aus Nigeria nach Europa „geflüchtet“. In Österreich werden 90 Prozent der Asylanträge, die von Nigerianern gestellt werden, abgelehnt. Wäre es nicht hundert Mal menschlicher, den Bedauernswerten gleich in Afrika klarzumachen, dass die illegale Überfuhr nach Europa keine Option für sie ist, statt sie mithilfe von NGOs nach Europa zu schleusen und sie hier einem prekären Schicksal zu überlassen? Wie der britische Migrationsexperte Paul Collier dieser Tage feststellte, könne die Mittelmeerroute geschlossen werden, indem die Menschen in abgefangenen Flüchtlingsbooten in sichere Zufluchtsorte außerhalb Europas gebracht würden. Dann werde sich das Problem der Schleuserbanden von selbst lösen. Alles nur „populistischer Vollholler“?
Ein weiterer Punkt einer Strategie gegen die illegale Migration besteht in der Verpflichtung Europas, den afrikanischen Staaten umfassend zu helfen. Und zwar mit dem Ziel, die dortige Wirtschaft auf die Beine zu bringen und den Menschen eine Perspektive jenseits der Massenauswanderung nach Europa zu geben. Die weit größere Verpflichtung trägt freilich nicht Europa, sondern Afrika. Die in etlichen Ländern dieses Kontinents endemische Korruption ist einer der Gründe, warum diese Länder nicht aus den Startlöchern kommen, und die afrikanischen Eliten haben die Pflicht und Schuldigkeit, gegen diese Korruption vorzugehen. Ferner sei die Anmerkung gestattet, dass blutige Bürgerkriege keine Naturnotwendigkeit sind, sondern Menschentat. Dass im Südsudan, welcher mit tatkräftiger Mithilfe der Weltgemeinschaft als eigener Staat aus der Taufe gehoben wurde, gleichsam als erste Amtshandlung von den dortigen Clans und Ethnien ein Bürgerkrieg gestartet wurde, der seit 2013 3,8 Millionen Menschen in die Flucht getrieben hat, darf nicht als unvermeidliche Begleiterscheinung einer Staatenbildung hingenommen werden.
Angesichts derartiger Katastrophen darf nicht nur Europa, hier müssen Afrika und die dortigen Eliten in die Pflicht genommen werden. Die Schließung der Mittelmeerroute, die Eindämmung der Massenmigration ist ein Gebot der Menschlichkeit.
Die Mittelmeerroute kann und muss geschlossen werden