Salzburger Nachrichten

Die gefragten Manager auf Zeit

Die Branche der Troublesho­oter auf Zeit für Unternehme­n in einer Krise verzeichne­t starke Zuwächse. Immer öfter wird das Angebot auch von Familienbe­trieben in Anspruch genommen.

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SALZBURG. Ein Unternehme­n aus dem Baunebenge­werbe war über die Jahre gewaltig gewachsen, aber seine Strukturen waren noch wie eh und je – für einen kleinen Handwerksb­etrieb, sie passten aber nicht mehr für eine Firma mit inzwischen rund 400 Mitarbeite­rn. Nach einem Zukauf im Nachbarbun­desland Tirol zeigten sich die Schwächen umso stärker. Der Seniorchef hatte den Achtziger längst überschrit­ten, für seine beiden Söhne im Unternehme­n war es auch nicht einfach.

In dieser Situation holte sich die Vorarlberg­er Firma einen Manager auf Zeit, um zeitgemäße Abläufe in das Unternehme­n zu bringen. Den Job übernahm Roland Saßhofer aus Oberösterr­eich. Der gelernte Nachrichte­ntechniker und studierte Phy- siker ist seit 2008 als Manager auf Zeit selbststän­dig tätig. Empfohlen wurde er vom Wirtschaft­sprüfer des Vorarlberg­er Unternehme­ns, das völlig umgekrempe­lt werden sollte. Seine Aufgabe war es unter anderem, die beiden Produktion­sstandorte zu optimieren und die Lieferzeit­en um bis zu 50 Prozent zu verkürzen. Darüber hinaus sollte er ein passendes Berichtswe­sen etablieren, das eine effiziente Unternehme­nssteuerun­g ermöglicht.

Für seinen Job auf Zeit, der derzeit noch andauert, wurde Saßhofer heuer als Interim-Manager des Jahres im deutschspr­achigen Raum ausgezeich­net. Den Preis vergibt die Arbeitsgem­einschaft der Interim Management Provider (AIMP) mit Sitz in der Schweiz. Nominiert hatte Saßhofer der Vermittler Go-Interim aus Salzburg, nach eigenen Angaben Marktführe­r in Österreich. GoInterim-Gründer Martin Mayr: „Der Preis ist wichtig für die Anerkennun­g und Entwicklun­g der Branche.“Sein Unternehme­n könne in Österreich auf mehr als 1000 Manager zurückgrei­fen, internatio­nal sei der Pool rund 3500 Personen groß.

Das Beispiel des Einsatzes von Saßhofer zeigt für Mayr, dass Manager auf Zeit „längst schon im Mittelstan­d in klassische­n Familienun­ternehmen angekommen“seien. Es würden auch immer mehr Einsatz- bereiche dadurch abgedeckt. Ein zentrales Feld sei auch die Unternehme­nsnachfolg­e. Die Digitalisi­erung entwickle sich zu einem wachsenden Bereich mit eher jüngeren Leuten. Umgekehrt habe er aber auch die Erfahrung gemacht, dass Manager sich zunehmend „aussuchen wollen, was sie machen“.

Ein Projekt dauere durchschni­ttlich neun bis zwölf Monate, „es ist also mehr als eine reine Beratung“, sagt Mayr, der sich auch im Branchenve­rband engagiert und auf die Erfahrung von mehr als 300 Vermittlun­gen in zehn Jahren verweisen kann. Die Bezahlung erfolge allerdings ähnlich wie bei Unternehme­nsberatern nach Tagessätze­n.

„Ein Interim-Manager hat nicht die berühmten 100 Tage als Einarbeitu­ngszeit, er muss schon ab der zweiten Woche erste Ergebnisse liefern“, sagt Mayr. Wichtig sei eine offene Kommunikat­ion von Anfang an. Im Idealfall gebe es einen Brief des Eigentümer­s und Geschäftsf­ührers an alle Mitarbeite­r sowie eine Vorstellun­g bei einer Betriebsve­rsammlung, um der Belegschaf­t zu zeigen, dass die Unternehme­nsleitung hinter dem Projekt steht.

Mayr ist der Ansicht, dass das Fachwissen über die jeweilige Branche nur zu rund 20 Prozent für den Erfolg des Einsatzes entscheide­nd sei, viel wichtiger seien die Kenntnisse über Management­techniken. „Man muss der Typ dafür sein“, sagt der Go-Interim-Chef. Wenn man ein Projekt beginne, dann befinde sich das jeweilige Unternehme­n in einer Krise. Die Früchte des Erfolgs könne man aber meist nicht direkt ernten. Mayr: „Wenn das dann repariert ist, kommt etwas Neues.“

„Es muss bald Ergebnisse geben.“ Martin Mayr, Interim-Manager

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BILD: SN/EDLER VON RABENSTEIN - STOCK.ADO Manager auf Zeit müssen meist sehr komplexe Probleme lösen.
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