Die Ära der Kohle ist auch in Ohio vorüber
Die Versprechungen des US-Präsidenten Donald Trump können an der Energiewende nichts ändern.
Hinter den Kohlebergen rauchen die Schlote, große Förderbänder transportieren die schwarze Ware. Powhatan Point, im Osten des US-Bundesstaats Ohio, direkt am Ohio River. J. B. Holliday ist hier der Hafenmanager. Er sagt Sätze wie: „Wir stehen hier auf dem Ground Zero der Kohleindustrie.“Klar, meint er, das sei pathetisch. Ground Zero, so heißt in New York das Mahnmal für die Terroranschläge vom 11. September 2001. Für Holliday aber fühlt es sich so ähnlich an, wenn er nach Jahren des Niedergangs auf die Lage der USKohleindustrie schaut.
Holliday zeigt auf die Kohlekraftwerke am anderen Ufer des Ohio River. Eines sei inzwischen geschlossen worden, Hunderte Menschen hätten ihren Job verloren. Schuld seien die Regulierungen und Auflagen von Barack Obama gewesen, welche die Kohle teurer und weniger wettbewerbsfähig gemacht hätten. Seit Jahren ist die Kohleindustrie in den USA im Niedergang.
Aber nun ist ja Donald Trump da. Er will zentrale Bestimmungen zum Klimaschutz abbauen und den „Krieg gegen die Kohle“beenden. Holliday sagt, seine Frau und er seien „überglücklich“gewesen, als Trump die Wahl gewann.
Nun soll alles besser werden: „Er bringt uns die Jobs zurück.“So wie Holliday denken viele hier im „Swing State“Ohio, den Trump im vergangenen November holte – ein entscheidender Baustein seines Sieges.
30 Meilen weiter, in dem kleinen Ort St. Clairsville im hügeligen „Ohio Valley“, sitzt Hollidays Chef Robert Murray in einem riesigen Konferenzraum. Der 77-Jährige ist Chef und Gründer von Murray Energy, einem der größten US-Kohleförderer – und einem der letzten großen. 65 Millionen Tonnen Kohle fördert seine Firma im Jahr, in den gesamten USA waren es 2015 knapp 900 Millionen, Tendenz sinkend. Murray exportiert auch nach Deutschland. Die USA sind derzeit nach Angaben des Verbands der Kohleimporteure der drittgrößte Kohlelieferant Deutschlands, hinter Russland und Kolumbien. An Murrays Wänden hängen Bilder von Bergleuten, im Flur davor eingerahmte Artikel über den Kohleboss. Murray ist ein alter Haudegen. Er hat 16 Jahre lang selbst als Bergmann gearbeitet – „ich liebe die Bergleute“. Murray hat es weit gebracht, er pflegt mit dem Helikopter zu seinen Minen zu fliegen oder zur Verladestation am Powhatan Point.
Im Wahlkampf hat der Republikaner Murray 300.000 Dollar an Trump gespendet, im Februar war er Gast im Weißen Haus. Kohle sei die billigste und zuverlässigste Energieform zur Stromerzeugung, sagt er. Einen von Menschen verursachten Klimawandel gebe es nicht, das sei ein „Schwindel“.
Was die Zukunft seiner Branche angeht, dämpft aber auch ein Kohlemanager wie Murray die Erwartungen: Die Beschäftigung in der US-Kohleindustrie werde nie mehr das alte Niveau erreichen.
Grund sei nicht die Politik Obamas gewesen – sondern die rasanten Veränderungen im Energiemarkt, schrieb Bill Ritter von der Colorado State University.
Marktkräfte würden auch in den kommenden Jahren den Niedergang der Kohleindustrie beschleunigen, dagegen könne die Politik wenig tun, heißt es in einer Untersuchung des Brookings-Instituts.
Denn auch in den USA sind die erneuerbaren Energien auf Siegeszug. Neue Wind- und Solarprojekte sind deutlich kostengünstiger und dadurch wettbewerbsfähiger geworden. Dazu kommt die Konkurrenz durch günstiges Erdgas – die Ära der Kohle ist vorüber.