Wie viel Strom braucht der Verkehr?
Zusätzliche Kraftwerke sind bei der Energiewende nicht notwendig. Vorausgesetzt, es gibt einen intelligenten Einsatz von Sonnenenergie.
SALZBURG. Die Ankündigungen der Autohersteller überschlagen sich: BMW will ab 2019 alle Fahrzeuge auch in einer Hybrid- oder Elektrovariante anbieten. Daimler plant zehn neue Elektro-Serienfahrzeuge bis 2022 und der Volkswagen-Konzern erweitert das bestehende Portfolio auf 30 Elektrofahrzeuge bis 2025 – jedes vierte Auto soll dann mit Strom fahren.
Fast alle Produzenten werden die Akku-Kapazität deutlich erhöhen. Elektro-Kompaktautos und Mittelklassewagen werden über Reichweiten von bis zu 500 Kilometer verfügen – sogar im Winter werden Fahrleistungen bis zu 300 Kilometer ohne Aufladen möglich.
Die Politik schafft positive Rahmenbedingungen: Der Kauf eines Elektro- oder Hybridfahrzeugs wird gefördert. Bis zu 4000 Euro gibt es für die Anschaffung eines Elektroautos. Zusätzlich gibt es weitere Vorteile – keine Kfz-Steuer, kein Sachbezug bei Dienstwagen, keine NoVA.
Die Ladeinfrastruktur soll engmaschiger und intelligenter werden: Sonnenbetriebenes Laden – mittels Solarstrom von der eigenen Photovoltaikanlage – ermöglicht das Aufladen von Elektrofahrzeugen um weniger als einen Euro je 100 Kilometer. Ohne eigene Photovoltaikanlage lädt das Elektroauto mit Strom vom Energieversorger. Bei einem Strompreis von 20 Cent/kWh und einem Strombedarf von 15 kWh/100 km ergeben sich Kosten von drei Euro auf 100 Kilometer. Im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug sind die Treibstoffkosten damit um mehr als die Hälfte günstiger. Das Elektroauto ist wirtschaftlich und umweltfreundlich – und obendrein effizienter als konventionelle Autos.
Solarstrom laden könnte zukünftig überall möglich sein – nicht nur zu Hause mit der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach. Autohäuser bringen sich für die „Strombetankung“in Position. „Ab Mitte des Jahres statten wir unsere Betriebe mit PV-Anlagen und Schnellladestationen inklusive Pufferspeicher aus“, sagt Wilfried Weitgasser, Geschäftsführer der Porsche Austria, Porsche Konstruktionen und Allmobil. Die Mitarbeiter sollen „energieneutral und mit nachhaltig erzeugter Energie“von und zur Arbeit fahren. „Hier wollen wir Vorbild sein.“Die geplanten Stationen bestehen aus einer Photovoltaikanlage, einem Speicher und einer Ladestation.
Doch wie viel zusätzlichen Strom benötigt die Elektrifizierung des Verkehrs? Sind neue Kraftwerksbauten nötig? Nicht unbedingt. Laut einer Studie der TU Graz wird die Elektrifizierung des Individualverkehrs in Österreich lediglich einen zusätzlichen Strombedarf von 1072 Gigawattstunden bei 900.000 Elektround Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen im Jahr 2020 erfordern.
Das bedeutet eine Steigerung um rund 2,5 Prozent des aktuellen Strombedarfs. Für das Jahr 2030 geht man von rund 2471 Gigawattstunden bei 2,1 Millionen Elektro- und Hybridfahrzeugen aus, was ein Plus in Höhe von 5,5 Prozent bedeutet.
Würde der gesamte Pkw-Bestand auf Strom umgestellt, läge der zusätzliche Bedarf bei rund 10.000 Gigawattstunden. Selbst das könnte bei entsprechendem Engagement durch Photovoltaik erzeugt werden.
Derzeit liefert die Sonne in Österreich mehr als 1000 Gigawattstunden. In Bayern sind es rund 12.000. „Ein hoher Anteil von Solarstrom im Netz ist also möglich, ohne die Netzstabilität zu gefährden“, sagt Heidi Rest-Hinterseer von der Ökostrombörse Salzburg. Letztlich dienen die Akkus der Elektroautos ja auch als mobile Speicher – für den nächtlichen Strombedarf im Haus sowie für die Stabilisierung des Stromnetzes.