Frischer Wind für Schulen in Albanien
Der Pinzgauer Michael Schernthaner ist in Albanien tätig und versucht, die IT- und Gastronomieausbildung auf Vordermann zu bringen. Er vermisst aber etwas.
TIRANA. 37 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, Abwanderung, grassierende Korruption und vereinzelt noch Blutrache: Albanien ist für die meisten wohl nicht jenes Land, wo sie als Erstes gerne leben und arbeiten würden. Das ist bei Michael Schernthaner anders: „Ich hatte nach fünf Jahren an der HTL einfach den Drang, wieder nach draußen zu gehen.“So erklärt der Saalfeldener, warum er vor zwei Jahren seinen Job als Lehrer in Innsbruck an den Nagel gehängt und sich beim Bildungsministerium für ein Projekt in Albanien beworben hat.
Seit Herbst 2015 ist er nun in Tirana tätig. Ihm ist vor allem die Etablierung einer praxisorientierten Berufsausbildung ein Anliegen: „Ein Großteil der jungen Albaner macht Matura und studiert, findet dann aber nur Jobs im Callcenter oder im Supermarkt. Gleichzeitig gibt es großen Mangel an gut ausgebildeten Facharbeitern.“Konkret kümmert sich Schernthaner etwa um ein Projekt, bei dem Lehrer in neuen Unterrichtsmethoden ausgebildet werden. Weiters arbeitet er mit berufsbildenden Schulen zusammen, um ihr Profil so weiterzuentwickeln, dass sie für Mädchen attraktiver werden. Und er unterstützt eine neu gegründete IT-Schule.
Schernthaner wirbt aber auch Gelder für Projekte ein: Ein Beispiel ist ein Programm an einer Tourismusschule in Korça, das von der Austrian Development Agency (ADA), der österreichischen Entwicklungshilfeagentur, finanziert wird. Bei einem Besuch in Korça zeigen uns die Teenager, was sie gelernt haben – und servieren gekonnt Getränke, Kaffee und regionale Süßspeisen.
Stichwort Kulturschock: Was sind die größten Unterschiede zwischen Albanien und Österreich? „Hier ist man immer mit einem gewissen Chaos konfrontiert – auch im Straßenverkehr. Ein Zebrastreifen ist da nicht mehr als ein Hinweis.“Aber dafür sei das Land extrem dynamisch: „In Tirana ist Tag und Nacht etwas los.“Und es sei normal, dass man auch einmal am Wochenende angerufen werde, wenn am Montag ein Termin im Ministerium ist.
Mit Österreich vergleichbar sei die ausgeprägte Kaffee-Kultur im Land. Was ihm am Balkan fehle, seien der Speck und der Bergkäse aus dem Pinzgau, sagt Schernthaner: „Die lasse ich mir von Besu- chern mitbringen. Wenn wir eine Lieferung bekommen, machen wir natürlich auch Kasnocken.“Mit „wir“ist seine Tiroler Freundin Sabine (34) gemeint, die mit Schernthaner gemeinsam ins Land gekommen ist und an einer deutsch-albanischen Volksschule unterrichtet.
An den Wochenenden ist das Paar viel mit dem Mountainbike unterwegs oder geht wandern: „Da kann man viel entdecken und mittels GPS auf Ziegenpfaden unterwegs sein. Man kann sogar Ski fahren in der Region.“Weil er es meistens nur zu Weihnachten schafft, in den Pinzgau zu fahren, lädt Schernthaner lieber Verwandte und Bekannte zu sich ein: „Mit einer Gruppe von Freunden aus Saalfelden gehen wir im Juli eine Woche mountainbiken. Da bin ich auch Botschafter für den albanischen Tourismus in eigener Sache.“