Wer wählt Peter Pilz?
Ein Experte spricht vom „österreichischen Bernie Sanders“, selbst die Müllmänner sind begeistert. Die Liste Pilz nimmt Konturen an.
Ein Experte spricht vom „österreichischen Bernie Sanders“, selbst die Müllmänner sind begeistert. Die Liste Pilz nimmt Konturen an.
WIEN. „Ich will. Ich weiß nur noch nicht, ob ich kann.“So beantwortet der von den Grünen von der Wahlliste gekippte Peter Pilz die Frage, ob er bei der Nationalratswahl mit einer eigenen Liste antreten wolle. Das Ganze sei auch eine Ressourcenund Organisationsfrage.
Das Telefonat mit Pilz gestaltet sich nicht ganz einfach: Mehrfach wird der Mandatar, den der SN-Anruf auf der Straße ereilt hat, von Passanten unterbrochen, die ihm Aufmunterndes zurufen. In aller Früh, als er unterwegs ins ORFFunkhaus zum „Morgenjournal“Interview war, hätten ihn sogar die Müllmänner der MA 48 aufgehalten und ihn ihrer Unterstützung versichert, berichtet Pilz.
Dass er mit seiner Wahl-Ansage noch zögert, ist indes verständlich. Wer bei Wahlen antreten will, braucht Mitstreiter, braucht Kandidaten für die Wahllisten und braucht vor allem auch Geld. Und vor allem braucht er Menschen, die ihn wählen.
Diesbezüglich habe Peter Pilz durchaus Chancen, glaubt der Politikwissenschafter Fritz Plasser. Denn der gefeuerte grüne Veteran positioniere sich sehr klug in zwei Richtungen: Einerseits sende er Signale nach links –„als österreichischer Bernie Sanders“, formuliert Plasser in Gedanken an den linken parteilosen Senator, der Hillary Clinton um ein Haar die Kandidatur der Demokraten bei der US-Präsidentschaftswahl streitig gemacht hätte. Andererseits thematisiere Pilz in durchaus un-grüner Weise die Themen Massenmigration und politischer Islam. „Das sind zwei Akzente, die nur auf den ersten Blick nicht vereinbar sind. Auf den zweiten Blick erkennt man, dass er damit ein breites Angebot schafft“, sagt Plasser. Auf Spekulationen, ob Pilz mit einem solchen Angebot die bei Nationalratswahlen geltende Vier-Prozent-Hürde überspringen könne, will sich der Professor nicht einlassen. Nur so viel ist ihm zu entlocken: „Dieser Versuch wird durchaus Resonanzen haben. Es handelt sich keinesfalls nur um den aussichtslosen Versuch eines Gescheiterten, der sich an seiner Partei rächen will.“
Und was sagt Pilz? Er referiert auf SN-Anfrage bereits die Grundbestandteile eines möglichen Wahlprogramms. Es gehe ihm um Sicherheit und Gerechtigkeit, sagt er, und es gehe ihm „um den Schutz unserer Heimat Europa und Österreich vor den beiden politischen Hauptgefahren“. Als da sind: „Der rechte Nationalismus, der den europäischen Zusammenhalt gefährdet. Und der politische Islam, der die Grundlagen unseres Europa angreift.“Das sind ungewohnte Töne für einen langjährigen Mandatar einer Partei, die den Begriff „Heimat“nach Tunlichkeit meidet und die die Gefahren des politischen Islam aus Gründen der politischen Correctness immer noch kleinredet. Pilz hingegen sieht westliche Grundsätze wie die Gleichberechtigung, die Trennung von Kirche und Staat gefährdet. Das wolle er verteidigen. Doch die Grünen seien ihm „leider nicht gefolgt“.
Pilz habe einen hohen Bekanntheitsgrad, die Medienaufmerksamkeit sei ihm gewiss, und außerdem könne er sich im Eurofighter-Ausschuss profilieren, sagt Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. „Sollte er noch ein paar kompetente und erfahrene Mitstreiter präsentieren können, ist im Falle seines Antretens bei der Wahl vieles möglich.“Ob Pilz locker die Vier-Prozent-Hürde nehmen werde, wage er, Bachmayer, nicht zu sagen. Aber: „Selbst wenn er nur wenige Prozent erreichte, würde er die Wahl wesentlich beeinflussen.“Die entsprechenden Stimmen würden nämlich den Grünen und der SPÖ fehlen, analysiert der Experte.
Dass es möglich ist, mit einer neu gegründeten Partei in den Nationalrat einzuziehen, haben 2013 das Team Stronach und die Neos bewiesen. Freilich, einfach war es für keine der beiden Parteien. Dabei hatte das Team Stronach die besten Voraussetzungen. Vor allem in Gestalt des namens- und geldspendenden austrokanadischen Industriellen. Dieser konnte sich reichlich an der personellen Konkursmasse des auseinanderfallenden BZÖ bedienen, dessen Mandatare willig zu ihm überliefen. Trotz dieser Startvorteile schnitt das Team Stronach bei der Wahl mit 5,7 Prozent eher mager ab.
Noch knapper (4,7 Prozent) schafften es die Neos. Dabei sind auch sie nicht aus dem Nichts gekommen: Parteigründer Matthias Strolz konnte auf einem Teil des Personals des verblichenen Liberalen Forums aufbauen. Und wurde zudem vom Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner unterstützt.
Strukturen und Unterstützer muss sich Pilz erst schaffen. Die ebenfalls von den wählbaren Plätzen gekippten Leidensgenossen Karl Öllinger, Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl reichen nicht aus, Pilz braucht auch unverbrauchte Kräfte, vor allem für die LandesWahllisten. Er wolle sich in den nächsten 14 Tagen ausschließlich dem Eurofighter-Ausschuss widmen, sagt Pilz. Danach werde er sich mit Freunden und möglichen Mitstreitern zu ernsthaften Beratungen zurückziehen. Und im Anschluss daran bekannt geben, ob es bei der Wahl eine „Liste Pilz“geben werde oder nicht. Ein spannender Sommer ist garantiert.