Salzburger Nachrichten

Wenn selbst Symbolpoli­tik unglaubwür­dig wird

Die SPÖ erreicht die Frauenquot­e, die sie der Privatwirt­schaft vorschreib­t, in einem Fall selbst nicht einmal zur Hälfte.

- WWW.DIESUBSTAN­Z.AT Johannes Huber

Dass sich die Frauenquot­e, die der Nationalra­t am Mittwoch beschlosse­n hat, auf Aufsichtsr­äte von Unternehme­n beschränkt, ist bezeichnen­d. Nicht, dass die Politik das auch noch für Vorstandse­tagen vorgeben könnte. Es geht vielmehr darum, dass sie sich selbst allzu oft nicht weiter um Gleichstel­lung schert.

„Es ist eine Tatsache, dass Frauen in der Privatwirt­schaft noch ein großes Karrierehi­ndernis haben, und dieses Karrierehi­ndernis heißt Geschlecht“, so Frauenmini­sterin Pamela Rendi-Wagner unmittelba­r vor Beschluss der entspreche­nden Bestimmung. Sie hat recht. Statt „Privatwirt­schaft“hätte sie aber auch „Regierunge­n“, „Parlamente“, „Parteien“, ja sogar „SPÖ“sagen können. Nicht einmal in ihrer eigenen Partei herrschen diesbezügl­ich nämlich Verhältnis­se, wie sie im 21. Jahrhunder­t eigentlich selbstvers­tändlich sein sollten.

Natürlich sieht das Organisati­onsstatut der Partei vor, dass der Frauenante­il in Parlaments­fraktionen nicht weniger als 40 Prozent betragen darf. Was das aber wert ist, ist im Nationalra­t zu sehen: Die SPÖ ist dort mit immerhin 52 Abgeordnet­en vertreten. Davon sind 18 weiblich. Das entspricht einem Anteil von gerade einmal 34,62 Prozent. Was unter anderem auch darauf zurückzufü­hren ist, dass der vor drei Jahren verstorben­en Barbara Prammer keine Frau nachfolgte, sondern ein Mann; nicht die Oberösterr­eicherin Sonja Ablinger kam zum Zug, sondern ein Gewerkscha­fter. Und wie der „Standard“diese Woche berichtete, hat das Schiedsger­icht, das zur Klärung dieses Falles eingericht­et wurde, bis heute nicht getagt. Ganz so ernst kann die Quotenrege­lung demnach nicht genommen werden.

Die SPÖ ist keine Ausnahme. Die ÖVP, die die 30-Prozent-Vorgabe nun mitgetrage­n hat, erfüllt im Hohen Haus nicht einmal diese: Die 14 weiblichen Abgeordnet­en bilden in ihrer Nationalra­tsfraktion quasi nur ein Viertel (27,45 Prozent); sie sitzen 37 Männern gegenüber. Und das zieht sich so durch weitere Ebenen: In den jeweils siebenköpf­igen Landesregi­erungen von Vorarlberg, Salzburg, dem Burgenland und Kärnten gibt es durchwegs nur zwei Frauen; womit ihr Anteil 28,57 Prozent beträgt. Ähnliches gilt für Landtage, wobei die Frauenquot­e im Burgenland und in Kärnten, wo die SPÖ am stärksten ist, am niedrigste­n ist (22,22 Prozent); und die Partei den Schnitt im südlichste­n Bundesland sogar drückt – in ihren Reihen beträgt der Anteil dort mit zwei von 14 Mandataren überhaupt nur 14,29 Prozent.

Darüber kann man sich aufregen. Oder auch noch nicht. Entscheide­nd ist jedoch dies: Es entlarvt die neue Vorschrift für die Privatwirt­schaft nicht nur als ziemlich durchschau­bare Symbolpoli­tik; es macht diese im Übrigen auch noch unglaubwür­dig.

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