ÖVP: „Scheinlösung mit der Gießkanne“
ALEXANDER PURGER WIEN. Der frühere Rektor und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, derzeit ÖVP-Wissenschaftssprecher im Nationalrat, kritisiert den Verzicht auf die Studienplatzfinanzierung vehement.
SN: Warum ist die ÖVP gegen ein höheres Uni-Budget?
Töchterle: Wir sind klarerweise für eine Erhöhung des Uni-Budgets. Aber für eine Erhöhung, die nicht eine Scheinlösung mit der Gießkanne darstellt, sondern die eine echte Qualitätsverbesserung mit sich bringt und geregelte Zugänge in den stark nachgefragten Studienrichtungen ermöglicht. Die österreichischen Unis sind ja nahezu die einzigen Unis der Welt, die jeden Studierenden nehmen müssen. Das schafft unzumutbare Studienbedingungen, die mit mehr Geld allein nicht zu beheben sind.
SN: Sondern wodurch?
Dadurch, dass die Unis das Instrument der Zugangsregelung in die Hand bekommen. Deshalb haben die Unis ja gejubelt, als Kanzler Christian Kern in seinem „Plan A“die Studienplatzfinanzierung in Aussicht gestellt hat. Er ist damit aber offensichtlich beim linken SPÖ-Flügel auf starken Widerstand gestoßen und hat von seinem „Plan A“nun Abschied genommen. Das ist jetzt also ein „Plan Abschied“.
SN: Aber das Geld haben die Unis jetzt immerhin.
Es stellt sich die Frage, was nach der Neuwahl sein wird. Der Basar wurde ja nun eröffnet. Aber jede neue Regierung und jeder Finanzminister wird wohl nach der Wahl einen Kassasturz machen müssen. Ich wünsche den Unis die zusätzlichen 1,35 Milliarden Euro, aber mit der Anbindung an die Studienplatzfinanzierung hätte es eine höhere Sicherheit gegeben.
SN: Wie würde das Modell der Studienplatzfinanzierung funktionieren?
Das Budget jeder Uni würde sich nach der Zahl der Studierenden, nach der Zahl der Forschenden und nach strategisch-infrastrukturellen Bedürfnissen richten. Es gäbe auch Wettbewerbsindikatoren: Die erfolgreichen Unis bekämen mehr Mittel, damit sich die anderen mehr anstrengen, um mehr Absolventen, weniger Studienabbrecher und mehr Forschungsleistungen zu erzielen. Das ist also ein umfassendes Modell, das wir 2010 gemeinsam mit den Unis und vielen Experten zu erarbeiten begonnen haben. Seit März gab es Gespräche, seit Mai liegt der Gesetzesentwurf vor. Und dann sagt die SPÖ, es sei zu wenig Zeit gewesen! Es wäre natürlich möglich gewesen, aber man hätte es auch wirklich wollen müssen.
SN: Was wird die ÖVP tun?
Jetzt ist der Zug einmal abgefahren. Aber das Thema Studienplatzfinanzierung bleibt sicher auf dem Tapet. Die Unis sind vehement dafür, Instrumente der Zugangsregelung nutzen zu können. Denn die Universitäten haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Explosion der Studierendenzahlen erlebt. Gleichzeitig ist es zu einer starken Verschulung der Universitäten gekommen, was eine viel intensivere Betreuung der Studierenden erfordert. Da geht es einfach nicht mehr, dass die Studierendenzahl völlig ungeregelt bleibt. Denn da leidet die Qualität massiv darunter.