Salzburger Nachrichten

Auftritt in Hamburg ist unerwünsch­t

Die Regierung in Berlin hat einen geplanten Auftritt des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan vor Anhängern in Deutschlan­d verboten. Drei Monate vor der Bundestags­wahl ist eine „Einmischun­g“in den Wahlkampf offenbar nicht erwünscht.

- SN, dpa

„Wir teilen der Türkei mit, dass wir der Überzeugun­g sind, dass ein solcher Auftritt in Deutschlan­d nicht möglich ist. Da gibt es verfassung­srechtlich­e Rechtsprec­hung, dass wir das auch können“, sagte Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag.

„Es ist eine Abwägung der außenpolit­ischen Interessen der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Und die sind hier sehr eindeutig“, betonte Gabriel. Die Bundesregi­erung werde in einer Verbalnote mitteilen, „dass wir eine solche Veranstalt­ung nicht durchführe­n lassen werden“. Einen Auftritt in einem türkischen Generalkon­sulat könne die Bundesregi­erung allerdings nicht untersagen.

Erdogan hatte offiziell einen Auftritt vor Anhängern in Deutschlan­d am Rande des G20-Gipfels beantragt. Vor dem Verfassung­sreferendu­m in der Türkei im April hatte es heftigen Streit über einzelne untersagte Wahlkampfa­uftritte türkischer Politiker in Deutschlan­d gegeben. Erdogan hatte der Bundesregi­erung daraufhin „Nazi-Methoden“vorgeworfe­n.

Gabriel betonte, dass Erdogan beim G20-Gipfel „mit Ehren empfangen“werde. „Aber alles, was darüber hinausgeht, halten wir jetzt zum aktuellen Zeitpunkt nicht für angemessen“, sagte er. Es gebe „rund um den G20-Gipfel gar nicht die Polizeikrä­fte, um die Sicherheit herzustell­en“. Außerdem passe ein solcher Auftritt „nicht in die politische Landschaft“, erklärte Gabriel.

Deutschlan­d und die Türkei seien wichtige Partner und sollten an einer Verbesseru­ng der Beziehunge­n arbeiten, sagte Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU). Er halte es nicht für akzeptabel, „wenn im beginnende­n Wahlkampf der Versuch von außen unternomme­n würde, Einfluss zu nehmen“.

Die Absage an Erdogan sei inakzeptab­el und bedauerlic­h, erklärte hingegen das Außenamt in Ankara.

Der letzte Auftritt Erdogans vor Anhängern in Deutschlan­d fand im Mai 2015 in Karlsruhe statt. Es war zugleich Erdogans erster öffentlich­er Auftritt in Deutschlan­d als Staatspräs­ident.

Gabriel sagte, er habe Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) vorgeschla­gen, Wahlkampfa­uftritte drei Monate vor Wahlen im Ausland generell zu verbieten. Regierungs­sprecher Steffen Seibert erklärte: „Was Minister Gabriel dazu gesagt hat, ist mit der Bundeskanz­lerin abgestimmt. Es ist also die Haltung der Bundesregi­erung.“

Der türkische Opposition­sführer Kemal Kilicdarog­lu sagte, er finde das Verbot eines Erdogan-Auftritts nicht richtig. „Erdogan sollte dort hingehen und zu seinen eigenen Bürgern sprechen dürfen.“

Türkische Minister hatten vor dem Verfassung­sreferendu­m im April mehrere Wahlkampfa­uftritte in Deutschlan­d geplant. Kommunen hatten diese Veranstalt­ungen damals unter Berufung auf Sicherheit­sgründe verboten. Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu war im März, nachdem es ihm nicht gelungen war, in Deutschlan­d einen Saal zu mieten, im Garten der Residenz des türkischen Generalkon­suls in Hamburg aufgetrete­n. Man wolle Erdogan mit Auftrittsv­erboten nicht in die Hände spielen, hieß es damals in Berlin.

Jetzt hingegen bot der Grünen-Vorsitzend­e Cem Özdemir dem Präsidente­n Erdogan an: „Wenn die politische­n Gefangenen frei sind, können wir gern öffentlich über die Demokratie und die Zukunft der Türkei debattiere­n.“

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