Salzburg ist steinreich
Im Land kann man 260 Millionen Jahre Erdgeschichte besichtigen. Der Salzburger Geologe Hans Egger hat für alle, die gern in die Natur hinausgehen und neugierig sind, ein ganz besonderes Buch geschrieben.
SALZBURG. Salzburg kann auf seine Steine bauen: Nicht nur auf diejenigen, die kundige Menschenhände zu barocker Stadtarchitektur formten und die von Millionen Gästen bewundert werden. Wenn so mancher Salzburger am Kaffeehaustisch gelegentlich wohlig seufzt, dass „Salzburg eigentlich alles hat, was schön ist und Lebensqualität schenkt“, dann liegt das auch an jenen Steinen, die die Landschaft „gebaut“haben.
Kinder haben auf ihren Streifzügen durch Klammen und entlang von Bächen meist noch vor den Erwachsenen ein Auge dafür: Sie finden Kiesel, die im Wasser bunt werden, sie sammeln Brocken mit schwefeligen Kristallen, sie entdecken versteinerte Urtierchen. Wo kommt das alles her, Mama? Warum sehen die Felsen so komisch aus, Papa?
Hans Egger, gebürtiger Salzburger, leitet an der Geologischen Bundesanstalt in Wien die Abteilung für Paläontologie und Stratigraphie. Schwerpunkt seiner Arbeit ist die geologische Erforschung der Ostalpen, zu denen die Salzburger Gebirgszüge gehören.
Nun hat er ein geologisches Wanderbuch geschrieben, das in jedem Salzburger Haushalt ein Ehrenplätzchen verdient hat. 38 Exkursionen führen durch 260 Millionen Jahre Erdgeschichte von Salzburg und Oberbayern. Mehr als 450 Jahre lang, bis zum Jahr 1803, waren die meisten der wanderbaren Orte mit ihren Gesteinsarchiven Teil des Fürsterzbistums Salzburg.
Hans Egger erzählt, wie die Region vor Millionen Jahren aus dem Meer entstanden ist. Die Gesteine der späteren Nördlichen Kalkalpen wurden in flachen Gewässern am Nordwestrand dieses Urmeeres, der Tethys, gebildet. Salzburg hat diesem Kalk etwa nicht nur den Untersberg zu verdanken, sondern auch das Karstgebiet, aus dem das Trinkwasser stammt.
Und schon geht es steil bergauf – über den Dopplersteig auf den Untersberg, was nur trittsicheren Gehern mit guter Kondition zu empfehlen ist. Wer die Obere Rositten erreicht hat, findet dort eine Quelle, die von den Dachsteinkalkwänden weiter oben stammt. Auch die weit verzweigten Höhlen, in denen sich das Wasser seine Wege sucht, befinden sich im Dachsteinkalk. Dieser ist nach seinem Hauptvorkommen im Dachsteinmassiv benannt.
Hat jemand Lust auf etwas mehr Wasser? Salzburgs schöne Klammen laden ein. Seit dem Bau des Weges im Jahr 1885 ist das tief eingeschnittene Tal des Klausbachs, die Glasenbachklamm, ein beliebtes Ausflugsziel. Rund 200 Millionen Jahre Erdgeschichte haben dort ihre Spuren hinterlassen. Berühmt sind die Ablagerungen aus dem Jura, in denen die Reste eines Ichthyosaurus gefunden wurden.
Der größte Vulkanausbruch in der Erdgeschichte, der vor 54 Millionen Jahren dazu führte, dass sich der Atlantik öffnete, hat sich im Kohlbachgraben in Anthering verewigt. Innerhalb von dunklen Tonsteinlagen fallen bis zu drei Zentimeter dicke weiße Lagen auf. Sie sind Reste vulkanischen Materials, das damals Winde verfrachteten.
Geologische Spezialausdrücke erklärt Hans Egger im Anhang des Buches. Und für alle Wanderfreunde gibt es bei jeder Exkursion Tipps, wie man das Ausflugsziel mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß erreichen kann. Manche Strecken sind nur für Geübte empfehlenswert.