Bitte, bleibt beim Schönheitswettbewerb! Keine Versprechen!
Die Ankündigung einer Steuersenkung kann nur als gefährliche Drohung verstanden werden. Fürchten ist angesagt.
Wir hoffnungsfrohen Wähler haben immer wieder eingefordert, dass die Wahlwerber doch sagen sollen, wie sie sich die Gestaltung des Landes vorstellen. Schließlich besteht Politik im Management vieler entscheidender Bereiche des Lebens.
Wir nehmen diese Forderung zurück und erklären: Bitte, nur keine konkreten Ankündigungen! Wir sehen ein, dass der Wettlauf um den Sessel in dem Barockgebäude am Ballhausplatz nichts mit Politik zu tun hat: Es geht um die Frage, wer auf dem begehrten Platz den besten Eindruck macht, also um die Kür des Mister oder der Miss Bundeskanzler.
Das ist auch gut so. In den letzten Tagen, offenbar unter dem fälschlicherweise von uns lästigen Wählern ausgeübten Druck, wurde von mehreren im Wettbewerb stehenden Kandidaten das gleiche Versprechen abgegeben: Man werde die Steuern senken.
Das sollte vermutlich eine Frohbotschaft sein. Tatsächlich kann die Äußerung nur als gefährliche Drohung verstanden werden. Wir Steuerzahler haben gelernt: Wird eine Steuer gesenkt, muss anderswo mehr gezahlt werden. Nicht sofort. Nicht unmittelbar merkbar. Aber dafür kräftig.
Steuersenkung kann auch übersetzt werden mit „Einsparung“: Der Gewinner des MisterMiss-Bundeskanzler-Wettbewerbs wird die Verwaltung vereinfachen und mit den Einsparungen die Steuersenkung finanzieren. Bitte nicht! Nach jeder Verwaltungsreform, die manchmal auch unter dem Codewort Deregulierung versprochen wird, gibt es noch mehr Bürokratie.
Unter „Steuersenkung“wird auch gerne die Verringerung der sogenannten „Lohnnebenkosten“verstanden. Diese kryptische Bezeichnung meint die Beiträge zur Sozialversicherung, die nicht gesenkt werden können, weil das Gesundheitswesen und das Pensionssystem zu einem immer mehr Milliarden fressen- den Moloch geworden sind. Und das obwohl seit Jahren eine Gesundheitsreform die nächste Pensionsreform ablöst.
Das Versprechen einer Steuersenkung ist verräterisch: Der nächste Bundeskanzler wird sich also mit denselben leeren Worthülsen und endlosen, ergebnislosen Verhandlungen und Angriffen auf die als Koalitionspartner getarnten Gegner die Zeit vertreiben. Eine Bundeskanzlerin wäre vermutlich effektiver, doch haben wir diese Chance diesmal nicht.
Das macht nichts. Wir Bürger haben verstanden und krempeln die Ärmel hoch, arbeiten kreativ und fleißig und werden auch ohne Politik ein modernes, erfolgreiches Land gestalten. Und nebenher außerdem die Politiker und Bürokraten in Wien, in den Bundesländern und in Brüssel finanzieren.
Weiterhin fröhliches Wahlkämpfen!