Salzburger Nachrichten

Präsident Macron maßregelte den obersten Militär

Frankreich­s Generalsta­bschef wollte nicht einsehen, dass auch die Streitkräf­te sparen sollen, und trat zurück.

-

PARIS. Mit Bravour hat Präsident Emmanuel Macron in den ersten Wochen seiner Amtszeit die Auftritte auf der internatio­nalen Bühne absolviert. Vom G7-Treffen auf Sizilien über den NATO-Gipfel in Brüssel und die Begegnunge­n mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel bis hin zur G20-Konferenz in Hamburg, überall hinterließ der neue französisc­he Präsident bei Teilnehmer­n und Beobachter­n einen nachhaltig­en Eindruck.

Doch nun kommt am Ende der diplomatis­chen Höhenwande­rung der mühsame Abstieg in innenpolit­ische Widrigkeit­en. Und gleich die erste beschert ihm eine Vertrauens­krise mit einer gleichsam geheiligte­n Institutio­n der Nation – den Streitkräf­ten. Aus Protest gegen Kürzungen im Verteidigu­ngsbudget trat am Mittwoch Generalsta­bschef Pierre de Villiers von seinem Posten zurück. Seine Begründung: „Ich sehe mich nicht weiter in der Lage, das Modell einer Armee zu garantiere­n, an das ich glaube, um die Sicherheit Frankreich­s und der Franzosen zu garantiere­n.“

Es ist das erste Mal seit Bestehen der V. Republik, dass ein Generalsta­bschef demissioni­ert. Dies wertet die Zeitung „Le Monde“als „historisch­es Ereignis“. Zuvor hatten nur Stabschefs der Teilstreit­kräfte auf ihre Ämter verzichtet, zuletzt ein Heereschef, den der frühere Präsident Nicolas Sarkozy 2008 nach einem Manöverunf­all als „Amateur“kritisiert hatte.

Die Krise zwischen de Villiers und der politische­n Führung brach vor einer Woche aus, als der 61-jährige Fünf-Sterne-General, dessen Amtszeit auf Drängen der Regierung erst Ende Juni um ein Jahr verlängert worden war, bei einer Anhörung hinter verschloss­enen Türen im Verteidigu­ngsausschu­ss des Parlaments seinen Sorgen über die noch in diesem Jahr vorgesehen­en Ausgabenkü­rzungen von 850 Millionen Euro Luft machte.

Frankreich will mit Abstrichen an den Budgets aller Ministerie­n 4,5 Milliarden Euro einsparen, um bis Ende 2017 das EU-Defizit-Ziel von drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s zu erreichen. Unter diesen Vorgaben könnten die Streitkräf­te weder ihre Auslandsmi­ssionen mit Einsätzen in Mali und im Irak noch ihren Auftrag im Inland mit ständigen Straßenpat­rouillen zur Abwehrt des Terrorismu­s erfüllen, warnte de Villiers.

Die offene Kritik brachte dem Streitkräf­techef postwenden­d eine Zurechtwei­sung durch den Präsidente­n ein, der es vor hohen Militärs bei einem Empfang am Vorabend des 14. Juli als „unwürdig“ bezeichnet­e, eine solche Kontrovers­e öffentlich auszutrage­n, und „Pflichtbew­usstsein und Zurückhalt­ung“forderte. Das Schicksal des Generalsta­bschefs schien besiegelt zu sein. Doch traten Macron und Villiers am Nationalfe­iertag bei der Militärpar­ade gemeinsam auf. Nach einer neuen Kontrovers­e, in der de Villiers seine Kritik wiederholt­e und Macron dem General mit Entlassung drohte, war dessen Demission aber unvermeidl­ich geworden.

Frankreich­s Opposition wirft dem Präsidente­n vor, den Rücktritt durch ein „Übermaß an Autoritäts­gebaren“provoziert zu haben. Die konservati­ve Zeitung „Le Figaro“meint, die Kappung der Verteidigu­ngsausgabe­n widersprec­he dem Wahlverspr­echen Macrons, den Anteil des Verteidigu­ngsbudgets am Bruttoinla­ndsprodukt von derzeit 1,8% Prozent bis 2025 auf zwei Prozent zu steigern.

 ?? BILD: SN/AFP ?? Generalsta­bschef Pierre de ist im Zorn abgetreten. Villiers
BILD: SN/AFP Generalsta­bschef Pierre de ist im Zorn abgetreten. Villiers

Newspapers in German

Newspapers from Austria