Im Sommer schwitzt auch das Internet
Rechenzentren macht die Hitze zu schaffen. Warum Salzburgs größter IT-Dienstleister dennoch nicht in eine kältere Region umzieht.
SALZBURG. Auf den ersten Blick wirken die beiden Kühlmaschinen unspektakulär. Zwei große Kästen, die im Keller vor sich hin brummen. Doch von ihnen hängt viel ab. Würden sie den Geist aufgeben, hätte das Auswirkungen auf weite Teile Salzburgs – und in manchen Bereichen sogar darüber hinaus. Die beiden Kühlmaschinen, die so viel Kälte wie rund 3000 Kühlschränke produzieren, sind als Teil eines komplexen Klimasystems mit dafür zuständig, die Computerserver der conova communications GmbH auf Temperatur zu halten. Das Rechenzentrum mit Sitz in der Stadt Salzburg beherbergt unter anderem Server und somit die Daten von Atomic, Stiegl, dem Raiffeisenverband Salzburg oder den „Salzburger Nachrichten“. Würde das Kühlsystem ausfallen, würden auch die Server auf kurz oder lang überhitzen – und viele Dienste der Unternehmen wären nicht verfügbar. „Einen solchen Fall darf es schlichtweg nicht geben. Und es hat ihn noch nie gegeben“, sagt conova-Geschäftsführer Gerhard Haider. Dennoch macht die Sommerhitze dem IT-Dienstleister zu schaffen. „Ja, das ist absolut so. Damit die Server nicht ins Schwitzen kommen, müssen wir wesentlich mehr Strom für die Kühlung aufwenden.“
Hochtechnologie ist ein Bereich, der bei der Berichterstattung über die Auswirkungen der Hitze gern vergessen wird. Dabei müssen sich conova & Co. mit dem Thema besonders auseinandersetzen – vor allem aus Kostengründen. „Den größten Stromverbrauch haben zwar die Server selbst. Die Klimatisierung bewegt sich aber in ähnlichen Dimensionen“, beschreibt conovaBeratungsleiter Stefan Kaltenbrunner. Wie viel genau für die Kühlung der Server ausgegeben werden muss, will Kaltenbrunner nicht sagen. Er gibt aber einen Vergleich: „Unser Bedarf beträgt bis zu 1,5 Megawatt. Das entspricht jenem von rund 3000 Haushalten.“
Die Räume, in denen die Server „einiger Hundert“Geschäftskunden stehen, müssen auf rund 20 Grad gehalten werden. Dazu kommen die Server selbst, die – vergleichbar mit einer Laptopkühlung – Zu- und Abluft brauchen. Um den gesamten Kühlbetrieb am Laufen zu halten, werden neben Kaltwasser aus den Kühlmaschinen noch Außenluft und Rückkühlanlagen – zwei Kühltürme auf dem Firmendach – genutzt. Ein riesiger Fortschritt zu früheren Jahren am alten Standort, dem Heizkraftwerk Mitte. „Da hat an besonders heißen Tagen schon mal der Hausmeister ausrücken und Kühlsysteme mit dem Gartenschlauch abspritzen müssen“, sagt Geschäftsführer Haider.
conova ist eines von rund zehn größeren Rechenzentren in Österreich. Die Zahl ist in vielen anderen Ländern ungleich höher. IT-Riese Google betreibt etwa allein in den USA neun Rechenzentren, dazu kommen Einrichtungen in China und Singapur sowie vier in Europa, konkret in den Niederlanden, Finnland, Belgien und Irland – also im Norden Europas. „Je kühler es in einem Land ist, desto besser ist es“, erläutert Stefan Kaltenbrunner. Bis zu einer Außentemperatur von zwölf Grad müsse man im Regelfall gar nicht gesondert kühlen. Dass die conova dennoch nicht in eine noch kältere Region umzieht, hat einen simplen Grund. „Solch ein Umzug rechnet sich erst ab einer gewissen Größe“, sagt Geschäftsführer Gerhard Haider. Unter dieser Größenordnung seien die Umzugskosten höher als der Kostengewinn durch die geringeren Energiespesen. Zudem gehe der Trend auch bei den IT-Riesen in eine andere Richtung. „Grundsätzlich ist es effizienter, dort zu sein, wo die Kunden sitzen. Oder anders gesagt: Ich sollte meine Daten im besten Fall möglichst nahe zum Endkunden bringen“, ergänzt Stefan Kaltenbrunner.
Doch der Stromverbrauch hängt auch wesentlich von den Internetnutzern selbst ab: Jedes E-Mail, jeder Webseitenbesuch lässt die Server der einzelnen Unternehmen stärker arbeiten – und verbraucht zusätzlichen Strom. Die Schätzungen variieren zwar, doch es wird davon ausgegangen, dass eine GoogleSuche rund 0,3 Wattstunden verbraucht. Also so viel Strom wie eine Energiesparlampe, die mehr als vier Minuten brennt. Wäre das Internet ein Land, hätte es laut einer Greenpeace-Studie den weltweit sechstgrößten Stromverbrauch. Um allein den Energiebedarf der deutschen Rechenzentren zu decken, bräuchte es etwa vier mittelgroße Kohlekraftwerke. Auch deshalb startete das deutsche Umweltbundesamt erst vor wenigen Monaten die sogenannte Green-IT-Strategie, bei der Branchenvertreter belohnt werden, sobald sie Energie sparen. „Wir müssen uns der Verantwortung bewusst sein“, sagt conova-Chef Gerhard Haider. Deshalb hat sich der Salzburger IT-Dienstleister Ende Juni als klimaneutral zertifizieren lassen – als erstes Rechenzentrum in Österreich. Durch den Kauf von Klimaschutzzertifikaten fördere man eine Photovoltaikanlage in Indien, ergänzt Haider. „In Zukunft wird es immer mehr IT-Dienstleister geben. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns mit den Folgen beschäftigen.“
„Einen Ausfall darf es schlicht nicht geben.“