Volksschüler büffeln jetzt Deutsch
Für viele Schüler geht das Lernen im Sommer weiter. Immer öfter sind es Volksschüler, die zur Nachhilfe kommen. Das Ziel ist klar: Gute Noten fürs Gymnasium. In dieser Altersgruppe gibt es vor allem ein Problemfach.
Die Schulen sind zwar geschlossen. Das Lernen geht aber für Zehntausende Schüler auch im Sommer weiter.
Österreichs Nachhilfeinstitute können über mangelnde Nachfrage nicht klagen. Die Österreicher geben dafür jedes Jahr mehr als hundert Millionen Euro aus.
Auffällig ist, dass heute schon die Kleinsten zur Nachhilfe geschickt werden. „Unsere Jüngsten kommen aus der zweiten Klasse Volksschule“, sagt Richard Wieland von der Nachhilfeorganisation Schülerhilfe in Wien. Das Ziel: gute Noten für den angestrebten Wechsel ans Gymnasium. Viele Eltern hätten die Sorge, dass den Kindern der Weg ans Gymnasium versperrt werden könnte. „Sie haben Angst, dass der Umstieg an eine höhere Schule schwieriger werden könnte, wenn das Kind an eine Neue Mittelschule geht.“Bei der Nachhilfe für Volksschüler gehe es um das „ganz normale Einmaleins“, das „Rechnen im Hunderterraum“, um Groß- und Kleinschreibung, sagt Wieland.
Aber warum übernehmen solche vergleichsweise einfachen Aufgaben nicht die Eltern?
„Manche haben entweder nicht die Zeit oder die Nerven, um mit den Kindern zu lernen. Oder sie wollen das Lernen einfach auslagern und die Kinder lieber in professionelle Hilfe geben“, sagt Wieland. „Sie sagen: ,Bevor ich meinem Kind etwas falsch erkläre, schicke ich es lieber in die Nachhilfe.‘“
Glaubt man Befragungen unter Eltern, ist Nachhilfe bei Volksschülern bereits weitverbreitet. Nach der jüngsten Studie der Arbeiterkammer bekommen bereits sechs Prozent der rund 330.000 Volksschüler bezahlte oder unbezahlte Nachhilfe. Das sind knapp 20.000 Schüler. Weitere 6000 Volksschüler bräuchten Nachhilfe, bekommen sie aber nicht, unter anderem, weil es sich die Eltern nicht leisten können. Die meisten der Volksschüler, die Nachhilfe in Anspruch nehmen, brauchen Unterstützung im Fach Deutsch. In vielen Fällen sind es Kinder mit Migrationshintergrund.
Den Trend bestätigt Konrad Zimmermann, Geschäftsführer beim LernQuadrat. Der Anteil der Volksschüler liege in seinem Institut bei rund fünf Prozent. Das seien doppelt so viele wie vor zehn Jahren, sagt Zimmermann. Hauptsächlich handle es sich um Dritt- und Viertklassler – Kinder mit Migrationshintergrund sowie Schüler aus Familien, in denen beide Eltern ganztägig berufstätig seien. Praktisch allen Eltern gehe es auch darum, den Kindern den Weg ins Gymnasium zu ermöglichen. „Auch bei den Zuwanderern gibt es viele, die auf Bildung großen Wert legen“, sagt Zimmermann.
Was das Fachliche betrifft, wird es für Eltern immer schwieriger, je älter die Kinder werden. Beim LernQuadrat etwa stammen die meisten der Nachhilfeschüler aus der Oberstufe. Rund jeder dritte kommt aus der Sekundarstufe I – also aus der Neuen Mittelschule oder der AHSUnterstufe.
In den Feriencamps der Privatschule Obermair kommt ebenfalls ein Drittel der Kinder aus der Neuen Mittelschule oder der AHS-Unterstufe. „Der Stoff ist schwieriger, als man glaubt“, sagt Seniorchef Gottfried Obermair. Er habe auch festgestellt, dass schulische Lernprobleme oft mit schwierigen ElternKind-Beziehungen einhergingen.
Insgesamt bekommt in Österreich laut Arbeiterkammer knapp ein Fünftel aller Schüler Nachhilfe (18 Prozent). Zum größten Teil handelt es sich um bezahlte Nachhilfe. Insgesamt hätten laut AK sogar 23 Prozent der Schüler Bedarf an externer Unterstützung. Nimmt man alle Schüler zusammen, ist das größte Problemfach mit mehr als 60 Prozent weiterhin Mathematik.
„Auch bei Zuwanderern legen viele großen Wert auf Bildung.“