Salzburger Nachrichten

Ein Gespräch unter Parteifreu­nden

Bürgermeis­ter Heinz Schaden sollte morgen, Freitag, noch einmal von der Richterin befragt werden. Er verweigert aber die Aussage.

- HEIDI HUBER

SALZBURG. Seit 15 Tagen sitzen die sieben Angeklagte­n im SwapProzes­s nun schon im Verhandlun­gssaal E18 des Landesgeri­chts. Die Stimmung ist mitunter amikal, abgesehen von den ein oder anderen emotionale­n Ausbrüchen und der Angriffslu­st einiger Verteidige­r.

Am Mittwoch trat der letzte Zeuge im Prozess auf. Geladen war der 74-jährige ehemalige Direktor der Wirtschaft­skammer Salzburg, Wolfgang Gmachl. Sein Auftritt war kurz. 15 Minuten reichten, um seine Geschichte zu erzählen. Ja, er habe 2007 ein Gespräch zwischen Bürgermeis­ter Heinz Schaden und Finanzrefe­rent Othmar Raus mitbekomme­n. Damit bestätigte der 74-Jährige, was gerüchtewe­ise längst die Runde machte. Gmachl konnte auch ein genaues Datum nennen: den 2. August 2007.

Gmachl war zu diesem Zeitpunkt Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats der Messe GmbH, Schaden und Raus Mitglieder des Aufsichtsr­ats. Am Ende der Sitzung habe Schaden Raus gebeten, dass er noch kurz dableibe, schilderte Gmachl. Dann habe Heinz Schaden berichtet, dass der Finanzdire­ktor der Stadt schwer erkrankt sei und die Überlegung angestellt werde, sich von den Derivaten zu lösen oder die Finanzabte­ilung größer auszubauen. „Schaden hat Raus gebeten, dass er sich anschaut, ob eine Übertragun­g der Derivate sinnvoll ist“, sagte Gmachl. Was Raus entgegnet habe, fragte die Richterin. „Raus hat gesagt, das könne man sich anschauen. Dann war das Gespräch zu Ende.“

Der Finanzabte­ilungsleit­er des Landes, Eduard Paulus, sei dabei nicht anwesend gewesen. „Es war kein irgendwie geheimes Gespräch“, meinte Gmachl. Über Verluste, gar über negative Bewertunge­n der Swaps, sei nicht

gesprochen worden. Dieses Gespräch am Ende der Aufsichtsr­atssitzung war bisher offiziell nicht bekannt. Bekannt war lediglich, dass es am 6. August 2007 – also vier Tage später – ein eher zufälliges Treffen von Raus, Schaden und Eduard Paulus im Festspielb­ezirk gegeben hat. Datiert auf 6. August 2007 ist auch jenes E-Mail von Schadens damaligem Sekretär Martin Floss, der die Finanzabte­ilung im Namen des Bürgermeis­ters anweist, mit Hofrat Paulus einen Termin zu vereinbare­n.

Gerald Ruhri, Verteidige­r von Othmar Raus, sagt zu Gmachls Zeugenauss­age: „Das passt genau zu dem, was Othmar Raus auch immer gesagt hat. Schaden hat hier mit Raus ein Vorgespräc­h zum 6. August 2007 geführt. Das war unter guten Freunden, unter Bekannten, wenn Sie so wollen. Es ist aber keine politische Absprache im Sinne der Anklage.“

Vier Verhandlun­gstage bleiben nun eigentlich noch im Swap-Prozess. Ob Richterin Anna-Sophia Geisselhof­er am 28. Juli ein Urteil sprechen kann, ist noch nicht klar. Denn das einzige und daher maßgeblich­e Gutachten, auf das sich die Anklage stützt, steht auf der Kippe. Gutachter Christian Imo hatte den finanziell­en Schaden, der aus der Übertragun­g der Swaps an das Land 2007 entstanden ist, mit 4,7 Millionen Euro berechnet.

Imo wurde am Mittwoch erneut kurz befragt, nachdem ihn in den Vorwochen bereits der Privatsach­verständig­e der Stadt in die Mangel genommen hatte. Für die Richterin ist das Gutachten in Bezug auf die Berechnung auch deshalb bislang nicht schlüssig. Wie es weitergeht, ließ Geisselhof­er allerdings offen.

Zuletzt stand eine weitere Gutachtens­erörterung im September im Raum. Angesichts von horrenden Anwalts- und Verfahrens­kosten und der psychische­n Belastung einiger Angeklagte­r wollen manche Verteidige­r aber vermeiden, dass sich der Prozess monatelang in die Länge zieht.

Verteidige­r Gerald Ruhri beantragte daher, dass das Gericht ein Urteil ohne das Gutachten fällt. Denn zumindest eine Schadenssu­mme steht mittlerwei­le außer Streit: Das Land, also Monika Rathgeber, hat im September 2007 unmittelba­r nach der Übertragun­g der Swaps von der Stadt an das Land zwei Geschäfte aufgelöst. Das Minus von insgesamt 690.000 Euro hat das Land auch an die Hypo bezahlt.

Ein Zeuge hat diese Zahlungsbe­lege dem Gericht bereits vorgelegt. Wichtig ist diese Summe in Hinblick auf das Delikt der Untreue. Der entspreche­nde Gesetzespa­ragraf sagt, dass mit Freiheitss­trafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen ist, wer durch die Tat einen 300.000 Euro übersteige­nden Schaden herbeiführ­t. Die Höhe der Schadenssu­mme ist ausschlagg­ebend für die Strafbemes­sung.

Der Schöffense­nat startete am Mittwochna­chmittag mit weiteren Befragunge­n der Beschuldig­ten. Diese sollten morgen, Freitag, mit dem Drittangek­lagten, Bürgermeis­ter Heinz Schaden, weitergehe­n. Sein Anwalt Walter Müller lässt das aber nicht zu: „Mein Mandant wird sich nicht weiter äußern. Er nimmt die bisherigen Beweiserge­bnisse zur Kenntnis – mit Ausnahme der Zeugenauss­age von Erwin Roth.“

Das Gericht wird am Freitag den Viertangek­lagten, Ex-Finanzrefe­rent Othmar Raus, weiter befragen.

„Keine politische Absprache im Sinne der Anklage.“Gerald Ruhri, Verteidige­r

 ?? BILD: SN/ANDREAS KOLARIK ?? Othmar Raus und Heinz Schaden sollen am 2. August 2007 erstmals über die Derivate der Stadt gesprochen haben. Zehn Jahre später sitzen sie nebeneinan­der auf der Anklageban­k.
BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Othmar Raus und Heinz Schaden sollen am 2. August 2007 erstmals über die Derivate der Stadt gesprochen haben. Zehn Jahre später sitzen sie nebeneinan­der auf der Anklageban­k.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria