Trump bricht mit Getreuem
Trump fühlt sich von seinem Justizminister Jeff Sessions in der Russland-Affäre verraten. Doch sein einstiger Verbündeter lehnt einen Rücktritt ab.
WASHINGTON. Seit Langem schon brodelt es in seinem Inneren. Doch nun hat Donald Trump dem Frust über die zunehmend belastende Russland-Affäre freien Lauf gelassen. In einem weder mit seinen Anwälten noch mit seinen PR-Beratern abgesprochenen Spontan-Interview mit der von ihm sonst als Lügenpresse diffamierten „New York Times“wütete der US-Präsident gegen seinen Justizminister sowie dessen Stellvertreter und drohte dem regierungsamtlichen Sonderermittler indirekt mit dem Rauswurf.
Der Zornausbruch einen Tag nach dem Scheitern des Versuchs, sein zentrales Wahlkampfversprechen umzusetzen und Obamacare abzuschaffen, zeigt nach Einschätzung von Beobachtern, wie sehr Trumps Nerven blank liegen.
„Extrem unfair“habe sich Justizminister Jeff Sessions ihm gegenüber verhalten, monierte der Präsident. Er bedauerte es, den Konservativen nach dem Rausschmiss seiner Vorgängerin Sally Yates für den Posten des Justizministers nominiert zu haben. In Trumps Augen hat der politische Hardliner Sessions nämlich Schwäche gezeigt, als er im März wegen eigener Befangenheit die Aufsicht über die Russland-Ermittlungen der Bundespolizei FBI abgab. „Wie kann man einen Job annehmen, wenn man sich selbst für befangen erklärt?“, sagte Trump. Sessions hätte ihn über seine Treffen mit dem russischen Botschafter informieren müssen: „Dann hätte ich gesagt: Danke, Jeff, aber ich werde dich nicht nehmen.“
Trumps öffentlicher Bruch mit Sessions ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist der 70-Jährige einer seiner treuesten Unterstützer. Bereits kurz nach Trumps Entscheidung für die Präsidentschaftskandidatur 2015 stellte sich Sessions als erster Senator auf seine Seite. Zugleich demonstriert Trumps Ausbruch, wie ernst er die Vorwürfe nimmt, er oder seine Verbündeten hätten mit russischer Hilfe versucht, der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton zu schaden. Im Mai hatte er den damaligen FBI-Chef James Comey gefeuert – mutmaßlich, weil der sich weigerte, die Ermittlungen zu möglichen Absprachen mit Russland einzustellen. Damit hätte Trump die Affäre theoretisch aussitzen können.
Doch Jeff Sessions war wegen der Befangenheitserklärung nicht zuständig. Dessen Stellvertreter Rod Rosenstein setzte Ex-FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler ein. Dieser macht Trump nun schwer zu schaffen. Entsprechend keilte Trump gegen Rosenstein und Mueller. Er unterstellte, Rosenstein könne kein echter Republikaner sein, da er aus dem demokratisch dominierten Baltimore stamme. Außerdem habe der Jurist ihm erst geraten, Comey zu feuern (was Rosenstein dementiert), und dann einen Sonderermittler eingesetzt: „Das ist ein Interessenkonflikt.“
Dem Sonderermittler Mueller hatte Trump schon früher eine Hexenjagd vorgeworfen. Nun warnte er ihn öffentlich, seine Untersuchung auf die dubiosen Finanzgeschäfte seiner Familie auszuweiten. Damit würde „eine rote Linie“überschritten.
Sowohl Sessions wie auch Rosenstein lehnten am Donnerstag einen Rücktritt ab. „Ich liebe diesen Job und werde ihn so lang ausüben, wie es angezeigt ist“, erklärte Sessions. „Ich bin völlig zuversichtlich, dass es uns gelingt, diese Behörde auf effektive Weise weiterzuführen“, betonte er. Rosenstein sagte, er werde sich auch morgen stolz an seinen Schreibtisch setzen.
Das FBI und zwei Kongressausschüsse ermitteln in der Russland-Affäre. Es geht um die Frage, ob das Trump-Team mit russischen Agenten kooperiert hat, um Donald Trump in das Weiße Haus zu helfen. Trump hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin immer wieder öffentlich gelobt und seine Bewunderung für ihn ausgedrückt.
„Verhalten war extrem unfair.“