Trostlosigkeit und Fantasie in der Kollegienkirche
Schon nach zwei Tagen ein früher Höhepunkt der Festspielkonzerte.
Streichquartette hatten bei Schostakowitsch stets Bekenntnischarakter. Sie sind wie Tagebücher. Das letzte Quartett ist schon von der Anlage her etwas ganz Besonderes: Es hat sechs miteinander verbundene Sätze, die allesamt mit „Adagio“bezeichnet sind. Gleichwohl gibt es zwischen den Sätzen gehörige Unterschiede.
Der Kern des Werks gemahnt an ein Requiem. Dieses Quartett ist das wohl Trostloseste, das man sich denken kann, ein Werk an der Kippe zur tiefsten Depression. Da zieht alles in Andeutungen vorüber, was Schostakowitsch sich abgerungen und schon komponiert hatte bzw. noch komponieren wollte (wie die Bratschensonate). Was die Sätze eint, ist eine auf den Punkt gebrachte Kargheit des Ausdrucks. Es ist Musik vor der letzten großen Leere, Musik am Abgrund, an der Schwelle zum Tod.
Das Hagen Quartett arbeitet mit einem hochdifferenzierten Einsatz des Vibratos: Nur die jeweilige Hauptstimme darf sich auf dieses Ausdrucksmittel beziehen, die anderen drei Instrumente sind zur Vibratolosigkeit oder doch zumindest zu einem äußerst sparsamen Einsatz des Vibratos verpflichtet. Und recht eigentlich ist es die Bratsche, welche die anderen Instrumente durch das Werk führt.
Alfred Schnittkes „Konzert für Chor“nach Texten aus dem mittelalterlichen „Buch der traurigen Lieder“des armenischen Mönchs Gregor von Narek nimmt auf die Tradition der russischen Kirchenmusik Bezug, stellt sie aber in einen auch harmonisch breiteren Rahmen. Dies gab Teodor Currentzis Gelegenheit, seine ganze Fantasie auszuspielen und den musicAeterna Chor und den Salzburger Bachchor in lebendigen Bezug zueinander zu setzen, bis zum Auszug der Sänger aus der Kirche. Ein schöner Diminuendo-Einfall am Ende eines Konzerts, das man schon jetzt als einen der Höhepunkte dieser Festspiele bezeichnen darf.