Salzburger Nachrichten

Polen fühlt sich erpresst

Die EU-Kommission droht mit dem Entzug der Stimmrecht­e in Brüssel. Warschaus Regierungs­chefin will nur kosmetisch­e Änderungen an der umstritten­en Justizrefo­rm.

- Beata Szydło, Regierungs­chefin SN-strick, dpa, Reuters

Die nationalko­nservative Regierung in Polen hat die Maßnahmen der EU-Kommission im Streit um die Justizrefo­rmen scharf kritisiert. „Wir werden Erpressung von EU-Beamten nicht akzeptiere­n“, sagte Regierungs­sprecher Rafał Bochenek in Warschau. „Alle Gesetzentw­ürfe, die von Polens Parlament vorbereite­t werden, entspreche­n der Verfassung und demokratis­chen Grundsätze­n“, betonte er.

Zehntausen­de Polen, die in den vergangene­n Tagen protestier­t haben, Länder wie Deutschlan­d, Tschechien und die USA, aber auch die EU-Kommission als Hüterin der europäisch­en Verträge in Brüssel, sind anderer Meinung.

Die Kommission drohte Polen am Mittwoch mit der Einleitung eines Verfahrens zum Entzug der Stimmrecht­e. Kommission­s-Vizepräsid­ent Frans Timmermans sagte in Brüssel, seine Behörde könne das Verfahren „sofort“auslösen, sollte die Regierung Richter des Obersten Gerichts in den Ruhestand versetzen.

Zudem kündigte Timmermans ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren wegen des einen Gesetzes aus dem Reformpake­t an, gegen das Präsident Andrzej Duda kein Veto eingelegt hatte. Kommission­schef JeanClaude Juncker kritisiert­e das Vorgehen Polens scharf: „Eine unabhängig­e Gerichtsba­rkeit ist eine wesentlich­e Voraussetz­ung für die Mitgliedsc­haft in unserer Union.“ Die EU könne kein System akzeptiere­n, das die willkürlic­he Entlassung von Richtern ermögliche. „Wenn die polnische Regierung fortfährt, die Unabhängig­keit der Gerichte und den Rechtsstaa­t zu untergrabe­n, werden wir keine andere Wahl haben, als Artikel 7 auszulösen.“Die Suspendier­ung der EUStimmrec­hte eines Staates ist möglich, wenn dieser in schwerwieg­ender Weise die EU-Grundwerte verletzt, darunter Rechtstaat­lichkeit, Freiheit, Demokratie und Achtung der Menschenre­chte.

Bereits am Montag hatte Polens Regierungs­chefin Beata Szydło betont: „Wir können dem Druck der Straße und aus dem Ausland nicht nachgeben.“Ihre Partei sei bereit zu Diskussion­en über die Details, fügte sie hinzu. „Aber diese Diskussion­en können nicht dazu führen, dass die Reform zum Stillstand kommt.“– Die Kommission „hat nichts dagegen, wenn ein Land sein Justizsyst­em reformiert. Aber das muss zumindest unter Einhaltung der polnischen Verfassung und der internatio­nalen Verpflicht­ungen geschehen“, so die Antwort von VizeKommis­sionschef Timmermans am Mittwoch.

„Können dem Druck der Straße und des Auslands nicht nachgeben.“

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