Salzburger Nachrichten

EuGH kippt Flug-Abkommen

Der Europäisch­e Gerichtsho­f untersagt der EU, das geplante Abkommen mit Kanada zum Austausch von Fluggastda­ten zu fixieren. Wegen der Grundrecht­e muss nachverhan­delt werden.

- Gs

Das mit Kanada geplante Abkommen über die persönlich­en Daten von Flugpassag­ieren greift zu stark in die Privatsphä­re des Einzelnen ein und bietet Betroffene­n zu wenig Rechtssich­erheit. Zu diesem Schluss kam der Gerichtsho­f der Europäisch­en Union (EuGH) in Luxemburg in einem Gutachten, welches das Europäisch­e Parlament in Auftrag gegeben hatte. Die EU-Richter folgten damit dem Vorschlag des Generalanw­alts von September 2016. Der EuGH stellte in dem am Mittwoch veröffentl­ichten Gutachten fest, dass das bereits 2014 ausverhand­elte Abkommen „in seiner jetzigen Form nicht geschlosse­n werden darf“.

Grundsätzl­ich halten die EURichter allerdings die systematis­che Übermittlu­ng, Speicherun­g und Verwendung sämtlicher Fluggastda­ten durch die Strafverfo­lgungsbehö­rden für zulässig, um auf diese Weise Terrorismu­s und schwere grenzübers­chreitende Kriminalit­ät besser bekämpfen zu können.

Zu Fluggastda­ten gehören Informatio­nen wie der Name des Fluggastes, seine Zahlungs- und Reisedaten sowie Sitznummer­n und Gepäckanga­ben. Zudem werden zum Teil auch Passnummer­n, das Geburtsdat­um und Informatio­nen zu besonderen Mahlzeit-Wünschen gespeicher­t. Letztere können Hinweise auf die Religionsz­ugehörigke­it oder Erkrankung­en geben – etwa dann, wenn Reisende bei der Buchung eine „muslimisch­e Mahlzeit“oder „glutenfrei­e Kost“bestellen. In der Fachsprach­e wird die Abkürzung PNR (engl. Passenger Name Record) verwendet.

Es war das erste Mal, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f darüber zu urteilen hatte, ob eine geplante internatio­nale Übereinkun­ft mit der Grundrecht­echarta der EU übereinsti­mmt. Bei seiner Prüfung legte das Gericht strenge Maßstäbe an. Defizite werden dabei vor allem auf kanadische­r Seite gesehen, wie auch die deutsche Bundesregi­erung in einer ersten Reaktion hervorhob. So müsste die Verwendung der Daten eines europäisch­en Reisenden während seines Aufenthalt­s in Kanada vorab von einem Gericht abgesegnet werden. Anderersei­ts sei es nicht gerechtfer­tigt, die Daten von unauffälli­gen Bürgern einfach für bis zu fünf Jahre zu speichern, bemängelt der EuGH zum Beispiel.

Für Datenschüt­zer ist die Entscheidu­ng ein Grund zum Jubeln. Sie sind seit Langem der Auffassung, dass die EU bei der Speicherun­g, Nutzung und Verarbeitu­ng sensibler Daten zu weit geht. Die EU-Staaten und Kanada müssen das Abkommen nun überarbeit­en. Denkbar ist auch, dass bereits bestehende Abkommen mit den USA und Australien sowie die neue EURichtlin­ie zur Fluggastda­tenspeiche­rung erneut auf den Prüfstand kommen.

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