Iranischer TV-Star trinkt Bier in der Schweiz
Und erntet dafür wütende Reaktionen. Zu Hause propagiert die Moderatorin strenge Gesetzestreue.
TEHERAN. Es ist noch kaum zwei Jahre her, da machte die bekannte iranische TV-Moderatorin und Schauspielerin – zur großen Freude der Geistlichkeit – für die schwarze Ganzkörperverschleierung kräftig Reklame: „Mit einem Tschador fühle ich mich wohl, sicher, respektiert und geschützt“, sagte Azadeh Namdari in einem Interview mit der iranischen Zeitung „Vatan-e Emruz“. Das Blatt steht den iranischen Hardlinern nahe, welche sich für eine strikte islamische Kleiderordnung einsetzen.
Frauen wie Namdari sind im Iran selten geworden. Die meisten tragen Hidschab oder ein Seidentuch, welches inzwischen eher locker über den Kopf gelegt wird, nicht selten lugen ein paar Haarsträhnen hervor. Die sogenannten Tschadoris fallen auf. Erst recht, wenn sie, wie die bekannte TV-Moderatorin aus Teheran, für ihre linientreue Kleidung offensiv werben.
Um glaubwürdig zu bleiben, hätte die selbst ernannte iranische Moralapostelin auch während ihres Urlaubs in der Schweiz nicht auf ihre korrekte Verhüllung verzichten dürfen. Beim Familien-Picknick im Grünen jedoch trank sie unverhüllt ein Feldschlösschen-Bier aus der Flasche. Das ist auf Fotos zu sehen, die ein bis dato ungenannter Fotograf auf die oppositionelle Facebook-Seite „Iran ohne die Geistlichkeit“stellte. Die Empörung im Iran war groß. Sie hätte sich vermutlich bald wieder gelegt, hätte Azadeh Namdari nicht nachgelegt: Die Moderatorin stellte ein zweiminütiges Rechtfertigungsvideo ins Internet. Ihr Kopftuch sei „beim Stillen“heruntergefallen, behauptete die wieder den Tschador tragende Mutter mit weinerlicher Stimme. Außerdem habe sie sich im Kreise ihre Familie aufgehalten, weshalb es durchaus in Ordnung sei, das Haar einmal ohne Tuch zu zeigen. Über die Bierflasche in ihrer Hand verlor Azadeh kein Wort. Was auch nicht nötig war.
Denn auch ohne den Versuch, sich vom Alkoholkonsum reinzuwaschen, war und ist der Shitstorm, den das Rechtfertigungsvideo der Iranerin ausgelöst hat, gewaltig. In wütenden Kommentaren wird Azadeh nicht nur als Lügnerin und Heuchlerin beschimpft. Sie musste sich auch den Vorwurf gefallen lassen, „für eine Kleiderordnung zu werben, an die selbst nicht glaubt“.
„Dein Problem ist nicht, dass du Bier trinkst und kein Kopftuch trägst, sondern dass du das iranische Volk für dumm verkaufen willst“, ereiferte sich eine FacebookUserin. Auf Twitter fragte ein Aktivist, wie lang sie noch das iranische Volk hinters Licht führen wolle. Ihr Verhalten sei „eine Beleidigung für das ganze Volk“.