Erste Wallfahrt der Säumer
Schnee, matschige Wege und frostige fünf Grad. So hatten sich die Felbertauern-Säumer ihre erste Wallfahrt über den Tauern nicht vorgestellt. Bei der Premiere waren keine Pferde dabei.
MITTERSILL. Ganz nach historischem Vorbild waren die Mitglieder des Vereins der FelbertauernSäumer am Donnerstag in traditioneller Tracht und Lederhosen unterwegs. Wie die Altvordern im 15. Jahrhundert eben. Mit Hüten auf den Köpfen und Flechtkörben auf den Rücken marschierten sie drauflos. Das Wetter war ihnen egal. Auch die „Kraxen“fehlten nicht. Ferdinand Lainer, Postbote des Säumer-Vereins, erklärte: „Die Kraxen sollten die Last auf dem Rücken besser verteilen und den Rücken schonen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Ausrüstung.“
Die Bezeichnung „Säumer“gehe auf den Ausdruck „Saum“zurück. Damit wurde im Mittelalter jene Menge an Gütern bezeichnet, die ein Tragtier über den Tauern transportieren konnte. Wein und Salz waren damals die Hauptgüter, aber auch Decken, Zirbenschüsseln und Teppiche wurden über die Alpen getragen. Vereinsobmann Franz Neumayr erklärte: „Dieser Austausch zwischen dem Norden und dem Süden hatte große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung. Vom 12. bis ins 18. Jahrhundert gab es noch keinen Wagenverkehr für den Transport der Waren, nur die Säumer.“Heute gehöre das alles zu einer Kultur, die in vielen Pinzgauer Gemeinden schon in Vergessenheit geraten ist. Das gemeinsame Ziel der Wallfahrt war die Felberkirche in Mittersill. Zusammen mit Weihbischof Hansjörg Hofer wurde eine Dankesmesse für die sichere Tauernüberquerung gehalten.
„Das gehört zur Tradition. Wir gedenken dabei auch der zahlreichen Opfer, die beim damaligen Saumverkehr über den Tauern ums Leben kamen“, sagte Organi- satorin Barbara Loferer-Lainer. Offiziell musste die eineinhalbtägige Wallfahrt von Mittwoch auf Donnerstag regenbedingt abgesagt werden. Dennoch wagten wetterfeste Säumer die Wanderung über den niedrigsten Tauernübergang. Dort hatten sie mit Regengüssen und teils sogar Schneefall zu kämpfen. „Da kann man dann umso besser nachvollziehen, wie es den Händlern damals im Mittelalter ergangen sein muss“, sagte Hermi Rieder. Die 77-Jährige gilt als Urgestein des Vereins und erinnert sich gern an unzählige Wanderungen zurück, die sie bereits auf den Spuren der Säumer über den Tauern gemacht hat. „Teilweise waren wir über eine Woche unterwegs.“
Eine verkürzte Version der Wallfahrt – eine Wanderung vom Hintersee bis zur Felberkirche in Mittersill – war auch Donnerstag für Ausflügler und Familien machbar, die auf den Spuren der Säumer und ihrer jahrhundertealten Tradition wandern wollten.
Jung und Alt kamen bei dieser Wallfahrt zusammen und ließen die beinahe schon vergessene Kultur der Säumer wieder aufleben. Nicht nur innerhalb des Vereins, sondern auch in Schulen wollen die Felbertauern-Säumer das Kulturgut weitergeben. „Es ist uns wichtig, dass die alten Traditionen nicht sang- und klanglos verschwinden“, sagte Sepp Rattensberger, Wander- und Pirschführer der Säumer.
Nach kurzer Stärkung und einem Gebet beim Tauernhaus Spital in Mittersill ging die Wanderung auf den alten Wegen weiter und die Säumer erzählten den Gästen der Wallfahrt von ihren Strapazen auf dem Weg zur St.Pöltner-Hütte auf 2481 Metern. „Wir gerieten in einen richtigen Schneesturm“, schilderte Barbara Loferer-Lainer. Das habe der Gruppe nicht viel ausgemacht, am nächsten Morgen strahlte ihr bereits die Sonne entgegen.
Dank gemeinsamer Gebete an spirituellen Rastplätzen und schöner Erinnerungen an frühere Wanderungen fühlten sich die Säumer vom Felbertauern den Vorfahren besonders nahe.
„Regen macht uns nichts aus. Als Säumer muss man wetterfest sein.“