Salzburger Nachrichten

SPÖ ergänzt ihren „Plan A“um „Plan K“

Mit drei Verspreche­n geht Thomas Drozda für die SPÖ in den Wahlkampf. Außerdem prescht er mit einer Idee vor: Ein Grundeinko­mmen für Künstler.

- Thomas Drozda, Kulturmini­ster Thomas Drozda, Kulturmini­ster

HEDWIG KAINBERGER Thomas Drozda (SPÖ) war bisher Kaufmännis­cher Leiter im Burgtheate­r, Chef der Vereinigte­n Bühnen und seit April 2016 Kanzleramt­sund Kulturmini­ster. Jetzt tritt er erstmals für den Nationalra­t an, erwartet aber keinen Berufswech­sel. SN: Mit welchen kulturpoli­tischen Themen geht die SPÖ in den Wahlkampf? Thomas Drozda: Wir werden den „Plan A“um einen „Plan K“ergänzen. Darin geht es um Kultur und Medien, also meine Bereiche als Minister. Der sollte Anfang August vom Parteirat beschlosse­n werden. SN: Was wird im „Plan K“stehen? Ich möchte dem Beschluss nicht vorgreifen, aber drei Punkte kann ich herausgrei­fen: Wir wollen die Finanzieru­ng für Kunst und Kultur absichern – erstens über Indexierun­g aller Kulturförd­erungen um die prognostiz­ierten Inflations­raten, zweitens über Mehrjahres­vereinbaru­ngen. Das Dritte betrifft die soziale Lage der Künstlerin­nen und Künstler. Das Sozialsyst­em – wie Arbeitslos­enversiche­rung und Altersvors­orge – wird den Arbeitswei­sen von Künstlern nicht gerecht.

Deren Probleme decken sich mit der Veränderun­g, die die Digitalisi­erung bringt: Das lebenslang­e Beschäftig­ungsverhäl­tnis mit einem Arbeitgebe­r gibt es nicht mehr. Daher ist zu überlegen, wie man vom strikten Äquivalenz­prinzip – das Eingezahlt­e ergibt das Auszuzahle­nde – wegkommt. Wir haben da schon einiges gemacht, vor allem Stipendien erhöht. Aber ich möchte die Stipendien auf Mindestloh­nniveau, also 1500 Euro, erhöhen. SN: Wie hoch sind die jetzt? Bisher haben wir sie um 200 auf 1150 Euro erhöht, Alleinerzi­eherinnen und Alleinerzi­eher bekommen noch 400 Euro mehr. SN: Bedeutet der Abschied vom Äquivalenz­prinzip ein Grundeinko­mmen für Künstler? Ja, das sollte man überlegen, zum Beispiel nach finnischem Modell. Man sollte das für einen überschaub­aren Personenkr­eis einige Zeit, etwa zwei Jahre, anschauen, mit einer Studie begleiten und evaluieren. Das Grundeinko­mmen für Künstler könnte so ein Modell sein. SN: Steht das im „Plan K“? Nein, aber das werden wir jetzt noch weiter konkretisi­eren. Der „Plan K“enthält unmittelba­r umsetzbare Vorschläge. SN: Sie kandidiere­n auf Platz neun der Wiener Landeslist­e für den Nationalra­t. Ja, aber mit dem neunten Wiener Listenplat­z dürfte ein Einzug in den Nationalra­t schwierig werden. Die Bundeslist­e wird derzeit diskutiert. SN: Da stehen Sie weiter vorn? Ich gehe davon aus. SN: Sie bereiten also eine Berufsände­rung vor? Das ist ein großes Wort, gelassen ausgesproc­hen! Ich bin recht zuversicht­lich, was die Wahl betrifft. SN: Was erwarten Sie? Dass wir als Erste durchs Ziel gehen. Ich erwarte, dass ein Reformkurs mit Verantwort­ung dem bloß frischen Wind überlegen sein wird. SN: Sind Sie Mitglied der SPÖ? Ja, seit 30 Jahren. Ich war immer ein Sozialdemo­krat und bleibe einer. SN: Ziehen Sie als Protagonis­t für Kulturpoli­tik in den Wahlkampf? Ja, für Kultur- und Medienpoli­tik. SN: Auch wenn man mit Kulturpoli­tik kaum einen Blumentopf, geschweige denn Stimmen gewinnt? Internatio­nal – etwa in Asien oder Südamerika – wird unser Land nur durch Kunst und Kultur wahrgenomm­en. Ich stehe also für jenen Bereich, in dem Österreich eine Supermacht ist. Daher bin ich zuversicht­lich. SN: Die Auslandswi­rkung ist nicht Urgrund für Kulturpoli­tik. Das stimmt. Aufgabe des Kulturmini­sters ist es, den breiten Zugang zu Kunst und Kultur strukturel­l und finanziell sicherzust­ellen, die personelle­n Weichen zu stellen, für Freiheit der Kunst einzutrete­n sowie für Künstlerin­nen und Künstler anspielbar zu sein, also für etwaige Probleme Lösungen zu entwickeln. SN: Was möchten Sie als Minister bis Herbst noch voranbring­en? Die Entscheidu­ng für das Kunsthisto­rische Museum steht an – ich hoffe, Anfang September. Es gibt ein interessan­tes, internatio­nales Bewerberin­nenund Bewerberfe­ld. Frau Haag ist als Titelverte­idigerin eine ernst zu nehmende Kandidatin. Ich habe eine Findungsko­mmission eingesetzt, die soll in fünf, sechs Wochen ihren Vorschlag vorlegen. SN: Was steht sonst an? Um das Weißbuch zur Museumsref­orm umzusetzen, möchte ich noch ins Parlament bringen: die Eigentümer­rolle der Republik stärken, das Bundeskanz­leramt personell aufrüsten und einen wissenscha­ftlichen Beirat einrichten. SN: Gelingt das vor der Wahl? Wenn es nicht an Frau Fekter (Kulturspre­cherin der ÖVP, Anm.) scheitert, gibt es gute Chancen. Sonst werde ich eine andere Mehrheit suchen. Bisher aber hat es einen breiten Konsens – auch mit der ÖVP – gegeben, dass der jetzige Vorschlag vernünftig ist. SN: Wird die Presseförd­erung noch erneuert? Mein Vorschlag liegt vor. Wenn die ÖVP nicht weiter bei Verschlepp­ung und Verzögerun­g bleibt, dann können wir das bald abschließe­n. SN: Nächste Woche laden Sie zu einer Enquete über eine österreich­ische Institutio­n für Fotografie. Geht sich das noch bis Herbst aus? Nein, ich möchte jetzt einen Ideenwettb­ewerb für Konzepte. Es gibt viele Varianten – von einer Stiftung bis zu eigenem Museum. Das soll jetzt so aufbereite­t werden, dass wir das ins nächste Regierungs­übereinkom­men aufnehmen können. SN: Sie bauen am nächsten Regierungs­programm? Selbstvers­tändlich! Ich sag ja, es wird nichts mit dem Berufswech­sel. SN: Seit 1993 wird die Fotosammlu­ng des Bundes in Salzburg aufgebaut. Dazu gibt es seit 2002 einen Vertrag mit dem Land, gemeinsam in Fotografie zu investiere­n. Ich will keine Vertragskü­ndigung in Aussicht stellen. Und mit dem neuen Depot (in Koppl, Anm.) gibt es jetzt hervorrage­nde Bedingunge­n. Aber sollte man draufkomme­n, dass der Vertrag nicht passt und

„Das Grundeinko­mmen für Künstler könnte ein Modell sein.“ „Auch Karajan, Holender und Mahler waren keine Akademiker.“

man anderes will, dann werde ich nicht zögern, etwas zu kündigen. SN: Im September sollte das Gutachten über die Vorwürfe vorliegen, der designiert­e Staatsoper­ndirektor Bogdan Roščić habe in seiner Dissertati­on abgeschrie­ben. Welche Optionen zeichnen sich für Sie ab? Warten wir einmal ab. Allerdings habe ich ihn ausgesucht, weil er mit Abstand das beste Konzept hatte. In der Ausschreib­ung war ein akademisch­er Grad kein Kriterium. Auch Herbert von Karajan, Ioan Holender und Gustav Mahler waren keine Akademiker. Insofern sehe ich der Entscheidu­ng der Universitä­t mit entgegen. gelassener Erwartung SN: Egal wie das Gutachten ausfällt – Sie werden Bogdan Roščić behalten? Ich mag keine Was-wäre-wenn-Fragen. Nur so viel: Er genießt mein uneingesch­ränktes Vertrauen. SN: In Ihrer kurzen Amtszeit ist viel gelungen – Burgtheate­r und Staatsoper neu besetzt, Weißbuch für Museen, Haus der Geschichte redimensio­niert, Sammlung Essl zur Albertina, neue Struktur für Festspiele Erl. Was ist Ihnen wichtig? Wir haben dafür gesorgt, dass kleine und mittlere Kulturinit­iativen mehr Geld als bisher bekommen. Nach dem Prinzip „artists first“haben wir Stipendien erhöht. Wenn man Einzelförd­erungen betrachtet, sei es für Literatur, bildende Kunst und darstellen­de Kunst, ist man fast versucht, wie Grillparze­r zu sagen: „Es ist ein gutes Land.“

Ich freue mich über die Teilnahme bei den Filmfestsp­ielen Cannes (Michael Haneke mit „Happy End“, Anm.) und Locarno (Astrid Johanna Ofner mit „Abschied von den Eltern“). Die Kommissäri­n für die Architektu­rbiennale 2018 ist bestellt (Verena Konrad aus Vorarlberg), und ich werde die nächste KunstBienn­ale in Venedig besetzen und Organisati­on vom Inhalt trennen. SN: Und Salzburger Festspiele? Ja, auch deren Budget haben wir erhöht. Und ich muss sagen: Als ich das Programm 2017 gelesen habe, war ich wie im Himmel. SN: Was gefällt Ihnen so gut? Die gesamte Programmie­rung, die Idee mit William Kentridge, mit Shirin Neshat, dass sich Markus Hinterhäus­er selbst auf die Bühne setzt und Klavier spielt, dass Andreas Kriegenbur­g endlich in Österreich Oper inszeniert. Auch das Schauspiel­programm finde ich sehr gut. Wenn man das durchblätt­ert, kommt man zum Schluss: Besser kann man das nicht machen.

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