Salzburger Nachrichten

Freihändig auf dem Rad mit Herrn Thoreau

Die Festspielp­räsidentin kommt mit Herrn Thoreau daher. Dabei wollt’ ich ihn nutzen, das Stadtgewus­el zu verdammen.

- Bernhard Flieher WWW.SALZBURG.COM/FLIEHER

Alles voll mit Festspiele­n. Da schadet eine Zuflucht nicht, ein Häuschen im Wald etwa. Henry D. Thoreau hat sich vor gut 150 Jahren eine Weile verabschie­det, hat sich so ein Häuschen im Wald gebaut und darüber philosophi­ert, wie es der Mensch fern des Stadtgewus­els mit der Natur aushalten kann. Brauche ich gar nicht. Mir zum Beispiel würde reichen, dass ich wieder einmal freihändig mit dem Rad über den Makartsteg fahren kann. Geht aber nicht. Bummvoll mit Leuten. Dauernd. Jetzt, da in der Stadt alles so festspiele­nd wuselt, touristisc­h drängt, wäre so ein Waldhäusch­en doch ganz fein, träume ich. Ich mag die Festspiele. Ich mag vor allem, dass diese Provinzsta­dt in den Tagen der großen Spielerei einen weltoffene­n Charme bekommt. Die Wirklichke­it ist aber anders, sagt ein Bekannter. Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Wenn es eine Wirklichke­it gibt, ist sie doch immer nur das, was uns gerade begegnet. Also sind jetzt Festspiele und die Welt ist da. Also träume ich ein bisschen dahin, wie das wäre, wenn dieser barock erdrückten Stadt auch ohne Festspiele und ohne Sommergäst­e ein biss- chen von diesem Charme bliebe. Na ja, Träume halt.

Und dann kommt mir mitten in den Festspiele­n tatsächlic­h der Henry D. Thoreau unter. Aber er kommt aus unerwartet­er Richtung. „Wenn wir uns von unseren Träumen leiten lassen, dann übertrifft der Erfolg alle Erwartunge­n“, zitierte Präsidenti­n Helga RablStadle­r den US-Schriftste­ller bei der Eröffnung der Festspiele. Das ist schön. Ich probiere das, wenn ich das nächste Mal auf den Steg zuradle.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria