Freihändig auf dem Rad mit Herrn Thoreau
Die Festspielpräsidentin kommt mit Herrn Thoreau daher. Dabei wollt’ ich ihn nutzen, das Stadtgewusel zu verdammen.
Alles voll mit Festspielen. Da schadet eine Zuflucht nicht, ein Häuschen im Wald etwa. Henry D. Thoreau hat sich vor gut 150 Jahren eine Weile verabschiedet, hat sich so ein Häuschen im Wald gebaut und darüber philosophiert, wie es der Mensch fern des Stadtgewusels mit der Natur aushalten kann. Brauche ich gar nicht. Mir zum Beispiel würde reichen, dass ich wieder einmal freihändig mit dem Rad über den Makartsteg fahren kann. Geht aber nicht. Bummvoll mit Leuten. Dauernd. Jetzt, da in der Stadt alles so festspielend wuselt, touristisch drängt, wäre so ein Waldhäuschen doch ganz fein, träume ich. Ich mag die Festspiele. Ich mag vor allem, dass diese Provinzstadt in den Tagen der großen Spielerei einen weltoffenen Charme bekommt. Die Wirklichkeit ist aber anders, sagt ein Bekannter. Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Wenn es eine Wirklichkeit gibt, ist sie doch immer nur das, was uns gerade begegnet. Also sind jetzt Festspiele und die Welt ist da. Also träume ich ein bisschen dahin, wie das wäre, wenn dieser barock erdrückten Stadt auch ohne Festspiele und ohne Sommergäste ein biss- chen von diesem Charme bliebe. Na ja, Träume halt.
Und dann kommt mir mitten in den Festspielen tatsächlich der Henry D. Thoreau unter. Aber er kommt aus unerwarteter Richtung. „Wenn wir uns von unseren Träumen leiten lassen, dann übertrifft der Erfolg alle Erwartungen“, zitierte Präsidentin Helga RablStadler den US-Schriftsteller bei der Eröffnung der Festspiele. Das ist schön. Ich probiere das, wenn ich das nächste Mal auf den Steg zuradle.