Die „große Tochter“ist erfolgshungrig Sechs bis sieben Stunden Training pro Tag
Im Februar überraschte die Steirerin Nicole Schmidhofer die Fachwelt und krönte sich in St. Moritz zur Weltmeisterin im Super G. Was die 28-Jährige noch so vorhat und was sie im Zusammenhang mit der Bundeshymne ärgert.
GRAZ. Und plötzlich steht man ganz oben. Auf der höchsten Treppe des Siegerstockerls. Im Scheinwerferlicht der Kameras und Objekt der Begierde von Dutzenden Fotografen. Denkt schlaglichtartig an die Vielzahl an Mühen, die man in den vergangenen Jahren auf sich nehmen musste. Und strahlt nur noch, weil das ganz große Ziel – ein Weltmeisterschaftstitel – erreicht worden ist. Und dann hört man die ersten Takte der österreichischen Bundeshymne, die nur deshalb gespielt wird, weil man den Super-G-Lauf schneller als alle anderen bewältigt hat. „Das ist Gänsehaut pur“, sagt Nicole Schmidhofer, die heuer im Februar bei der alpinen Ski-WM in St. Moritz Weltmeisterin geworden ist.
Der Moment, wenn die Bundeshymne erklinge, sei einfach unbeschreiblich, sagt die 28-jährige Skirennläuferin aus Schönberg-Lachtal in der Steiermark: „Ein Wahnsinnsgefühl, das man nie vergisst.“Ob sie mitgesungen hat? Laut oder innerlich? „Das ist alles so schnell gegangen, was ich noch weiß, ist, dass ich nach links zu meinen Eltern geschaut habe. Beim Gedanken, was die alles mitgemacht haben, sind mir dann die Tränen gekommen.“
Die Textzeile „Heimat bist du großer Söhne“war einmal. Seit der 2011 vom Nationalrat beschlossenen „geschlechtergerechten Änderung der österreichischen Bundeshymne“muss „Heimat großer Töchter und Söhne“gesungen werden. Wie Nicole Schmidhofer, die von ihren Freunden „Nici“genannt wird, zu dieser bei manchen („Volks-Rock’n’Roller“Andreas Gabalier hat sich etwa mehrfach negativ geäußert) umstrittenen Vorgangsweise steht?
„Ganz ehrlich: Das ist mir eigentlich egal. Mich ärgert viel mehr, wenn die Hymne im Ausland sehr verlangsamt gespielt wird, so, dass man sie kaum mehr erkennt“, berichtet die in Friesach in Kärnten geborene Steirerin. Zu ihrem Heimatland hat die Speed-Spezialistin ein sehr gutes Verhältnis, sie bezeichnet sich als „stolze Österreicherin“und versucht, dies auch „nach außen zu tragen“. „Mir taugt auch, dass wir jetzt wieder rot-weiß-rote Skianzüge tragen, da weiß man gleich, wo wir herkommen“, betont die 28-Jährige.
Österreich sei ein großartiges Land, in dem es den meisten sehr gut gehe, all jenen, die immer etwas zu schimpfen und nörgeln haben, empfiehlt Schmidhofer, sich andere Länder auf dieser Welt anzusehen: „Ich will da sicher nicht tauschen.“Nach dem Triumph ist vor der nächsten Rennsaison. Wie geht man als „Weltmeisterin“eigentlich in die nächsten Rennen? „Ich bin ziemlich motiviert, mich hat der Titel eigentlich angespornt“, erzählt Nici Schmidhofer. Das Ziel seien möglichst viele Weltcupsiege und natürlich die Olympischen Winterspiele 2018 in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang. Ihr gehe es auch darum, konstanter zu werden. Einen Titel könne man aber nicht planen, da gehöre auch viel Glück dazu. „Ich will in der kommenden Saison stark anfangen und mich dann weiter steigern“, sagt die Steirerin mit einem Lächeln im Gesicht.
Die vielen Siegesfeiern, die hat sich mittlerweile gut verdaut. „Natürlich war es mitunter stressig, aber ich habe mich über die Ehrungen sehr gefreut“, berichtet die 28Jährige. Eine offizielle Auszeichnung durch das Land Steiermark und dann noch Sportlerin des Jahres in der grünen Mark zu werden, das bedeute schon einiges: „Als einst die Renate Götschl Sportlerin des Jahres wurde, dachte ich mir: ,Wenn du das schaffst, hast du es wirklich geschafft.‘“Mit Erfolgen würden sich neue Türen öffnen, betont Schmidhofer: „Ich habe viele neue Leute kennengelernt, aber ich bin die Alte geblieben und vergesse auch meine bisherigen Freunde nicht.“
Derzeit ist Nici Schmidhofer mit dem „Konditionsblock“beschäftigt. Will heißen: Kraft- und Ausdauertraining, zudem noch Schwimmtraining. Sechs, sieben Stunden pro Tag nimmt das in Anspruch. Mitte August geht es dann mit der Mannschaft zum Trainingslager nach Chile. Was Nici privat macht? „Ich spiele Schlagzeug im heimatlichen Musikverein und schaue, dass ich dort keine Probe auslasse.“Und: Über einen in Graz lebenden Cousin hat sie die Liebe zum American Football entdeckt: „Ein toller Sport. Leider ist für eine Skirennläuferin aber die Verletzungsgefahr zu groß.“