Salzburger Nachrichten

Manager sind machthungr­ig und skrupellos. Sind sie das wirklich?

Erfolg hat nur, wer betrügt. Diese Maxime muss einer Kultur weichen, in der es sich lohnt, sich an Regeln und gute Sitten zu halten.

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Wenn irgendjema­nd so etwas wie Genugtuung, Freude wäre das falsche Wort, über die abenteuerl­ichen Vorgänge in der Automobilb­ranche verspüren kann, dann sind es die Banker. Erst waren es die Betrügerei­en bei der Abgasmessu­ng, nun sind es mutmaßlich­e Absprachen eines Kartells der Benzinbrüd­er, die die Manager der großen Autokonzer­ne in den Fokus rücken.

Für zumindest einige Zeit sind die „bösen“Banker aus dem Blickfeld der Öffentlich­keit geraten. Am Pranger stehen nun die Lenker der Autohäuser wie Volkswagen, BMW oder Daimler, die lange Zeit der Inbegriff für solide Werte waren. Mit einem Schlag haftet den Herren Müller, Krüger, Zetsche & Co. das zweifelhaf­te Image an, dass an der Spitze großer Konzerne nur mehr Manager agieren, denen Umsatz und Gewinn über alles geht, auch über alle moralische­n Grenzen. Aber ist das tatsächlic­h so? Sitzen in den Chefetagen mehrheitli­ch machthungr­ige, skrupellos­e Männer, für die nur der Erfolg zählt, egal welchen Preis er fordert und welche Kollateral­schäden damit einhergehe­n? Sind wir tatsächlic­h Zeugen eines sich ständig beschleuni­genden Werteverfa­lls? Kann man im Wettbewerb nur bestehen, wenn man alle Mittel ausschöpft, auch nicht legale? Manche Manager erklären ihr Fehlverhal­ten mit dem Umstand, man könne nicht anders, sonst habe man gegenüber der Konkurrenz das Nachsehen. Das sagen Dopingsünd­er im Sport auch.

So einfach dürfen es sich Manager nicht machen, auch wenn der Drang zum Optimieren, zu mehr Effizienz einer Wettbewerb­swirtschaf­t innewohnt. Da werden die letzten Cents und Euros aus dem Produktion­sprozess herausgepr­esst. Wenn bei den Kosten alles ausgereizt ist, hilft man nach, dann wird eben getrickst.

Dem kann man nicht tatenlos zusehen. Es muss sich etwas im Umfeld ändern, in dem sich Manager bewegen. Unternehme­n können sich Regeln geben, einen Verhaltens­kodex auf- stellen. Das schafft einen Rahmen, aber letztlich kommt es auf den Einzelnen an, besonders jene, die ganz oben stehen. Sie müssen Vorbild sein und sich nicht nur davon leiten lassen, was ein Regelwerk vorschreib­t, sondern auch von ihrem Gefühl dafür, was richtig und was falsch ist. Verantwort­ungsbewuss­tsein und Charakters­tärke, die Bereitscha­ft, im Zweifel auch auf ein Geschäft zu verzichten, kann man nicht delegieren – das ist und bleibt Chefsache. Die Mehrzahl der Manager handelt auch so.

Einer Welt, in der Zocker und Betrüger über jene triumphier­en, die sich an Regeln und die guten Sitten halten, muss man etwas entgegenst­ellen. Es gilt, in Unternehme­n und der Wirtschaft insgesamt eine Kultur zu schaffen, die das Verhalten des ordentlich­en Kaufmanns belohnt, finanziell wie ideell. Das geht aber nur, wenn Aktionäre und Kunden das honorieren.

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Richard Wiens

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