Die Seriensiegerinnen leiden unter einer Torkrise
Selbstzweifel und harte Kritik: Deutschlands Fußballerinnen grübeln bei der EURO über ihre Offensivprobleme.
Von der heiteren Gelassenheit, die bei EURO-Neuling Österreich nach dem Aufstieg ins Viertelfinale herrscht, ist bei Titelverteidiger Deutschland nichts zu spüren. Die Favoritinnen, die das Turnier sieben Mal in Folge gewonnen haben, mühten sich in der Vorrunde.
Vor dem Viertelfinale gegen Dänemark am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) in Rotterdam beschwor Bundestrainerin Steffi Jones eindringlich ein Ende der Torkrise – noch immer hat der Turnierfavorit in den Niederlanden kein einziges Mal aus dem Spiel heraus getroffen. „Die Spielerinnen können es, sie zeigen es jedes Mal im Training, sie müssen einfach an sich glauben. Das ist die Botschaft, die ich ihnen mitgebe“, kommentierte Jones. Die Chefin spürt heftigen Gegenwind im erfolgsverwöhnten Land, sie antwortet den Kritikern: „Wir liegen jetzt nicht da, umarmen uns ständig, sonnen uns und haben die rosarote Sonnenbrille auf und glauben, dass alles schön ist.“
Vier Tore, drei davon durch Strafstöße, ein Treffer nach einem Freistoß mit anschließendem Torwartfehler – so dürftig klingt die bisherige Offensivbilanz der deutschen Mannschaft, die sich dennoch als Gruppensieger für die Runde der letzten acht qualifiziert hat. „Sie laufen, sie tun alles – das Ding ging halt bisher aus dem Spielverlauf nicht rein“, konstatierte Jones. Setzt sich diese Serie fort, könnte es gegen die Däninnen schnell unangenehm werden.
Der Weltranglisten-15. ist nicht derart ausrechenbar wie die bestenfalls zweitklassigen jüngsten deutschen Gruppengegner Russland (2:0) und Italien (2:1). „Wir müssen noch bessere Lösungen finden. Aggressivität und Geschwindigkeit sind gefragt“, forderte Jones, die auch auf ein Erstarken von Spielmacherin Dzsenifer Marozsán hofft. „Der hohe Anspruch, den sie an sich selbst hat, führt zu Fehlpässen, weil sie etwas Besonderes machen möchte“, kommentierte die Trainerin die mäßigen Vorstellungen der Champions-League-Siegerin.
Sich zu steigern ist Pflicht, damit der zehnte EM-Halbfinaleinzug nacheinander Wirklichkeit wird. Die Däninnen allerdings haben in der Vergangenheit schon bewiesen, dass sie dem deutschen Team wehtun können: 1993 fügten sie den DFB-Frauen mit einem 3:1 im Spiel um Platz drei die bislang letzte Niederlage in einer K.-o.-Partie bei einer EM zu. Das letzte Aufeinandertreffen beim Algarve-Cup vor vier Jahren endete mit einem 0:0-Unentschieden. Der Sieger dieses Duells trifft im Halbfinale auf den Gewinner der Partie Österreich gegen Spanien.